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1. Bühlertäler Radmarathon (205 km, 3000hm) am 12.07.07


Nachdem ich Wochen zuvor schon am GP in Triberg die mittlere Runde gefahren war (175 km, 3200 hm), stand dieses Mal mit dem Bühlertäler Radmarathon (205 km, 3000 hm) der erste richtige Marathon auf dem Programm. Wetter.de meldete für den Sonntag 36°. Eigentlich ein Grund die ganze Sache abzublasen. Aber wann hat man schon mal das Glück, in seinem bevorzugten Trainingsrevier einen Marathon fahren zu dürfen. Folglich wurden alle Bedenken über Bord geworfen und so klingelte am Sonntagmorgen um 4:00 Uhr mein Wecker. Da kann man sich dann schon mal fragen, warum man so was macht, und diese Frage sollte ich mir später am Tag noch einmal mal stellen.

Ich packte schnell meine Sachen zusammen und fuhr mit dem Auto nach Bühlertal. Auf einem Edeka Parkplatz verdrückte ich noch schnell mein mitgebrachtes Müsli ehe es zur Anmeldung ging. Um kurz vor sechs stand ich dann am Start, obwohl es eigentlich gar kein richtigen Start gab. Und auch ein offizieller Startschuss erfolgte zu meiner Enttäuschung nicht. Aber gut, eine Radmarathon ist eben eine RTF und kein Rennen.


So wartete ich einfach noch einige Minuten bis eine kleine Gruppe startete und hängte mich dran. Leider ließ die Beschilderung auf den ersten Kilometern zu wünschen übrig. So kam es dann, dass etliche Radler den richtigen Weg suchten. Schließlich wurde man sich einig und so rollten wir mit ca. 40 Mann in Zweierreihe das erste Flachstück entlang. So hatte ich mir das vorgestellt, gleich mal im Windschatten Kraft sparen. Nach ca. 18 km folgte der erste Anstieg nach Ebersteinburg. Auf ca. 5 km müssen 300 hm überwunden werden. Schnell zerbrach das Feld in mehrere kleinere Gruppen. Ich war plötzlich nur noch mit einem Mitstreiter alleine. Vor mir fuhr jedoch eine größere Gruppe. Da ich mich dieses mal ja nicht auf Patrick verlassen konnte, der beim GP Triberg immer die Löcher zugefahren hatte, musste ich selbst ran. Ich schloss die Lücke und radelte so mit der Gruppe nach oben.

Oben angekommen ließ ich die erste Verpflegungsstelle links liegen, schließlich waren erst gut 20 km gefahren. So machte ich mich alleine auf die Abfahrt und das kurze Flachstück zwischen Gernsbach und dem Anstieg zum Schwarzmiss. Kurz vor dem Anstieg überholte mich eine größere Gruppe u.a. 6 Radler einer Gruppe aus Bühl. Am Anstieg zum Schwarzmiss (10 km, 800 hm) hängte ich mich an sie. Für die nächsten rund 60 km sollten sie meine Begleiter sein. Der Schwarzmiss lief überraschend gut. In geschätzten gut 50 min erreichten wir die Passhöhe. Mein Puls war bis auf das Steilstück nie über 160 gegangen und ich fühlte mich auf dem gesamten Anstieg sehr gut. Ich bedankte mich kurz bei meinen Mitstreitern aus Bühl, die mir die gesamte Strecke ihren Windschatten spendeten. Oben angekommen verpflegte ich mich mit Bananen und Apfelstückchen und füllte meine Trinkflaschen nach. Dann wartete ich bis die Bühler Radsportgruppe weiterfuhr und hängte mich wieder hinten dran.


Nach der Abfahrt folgte ein weiteres Flachstück nach Enzklösterle. Glücklicherweise durfte ich mich auch hier im Windschatten verstecken. Es folgten zwei kleiner Anstiege mit insgesamt ca. 400 hm. Ich hatte hier bereits manchmal Mühe mitzuhalten. Auf den Flachstücken dazwischen fuhr ich immer am Ende der Gruppe, trotzdem hatte ich einen Puls von 150. Mir war klar dass das nicht lange gut gehen konnte. Auf der anderen Seite, konnte ich so natürlich ne Menge Zeit gut machen. Außerdem hatte ich mir am Start ja vorgenommen, aggressiver zu fahren als in Triberg. Dort musste ich mich nicht wirklich ins Ziel quälen, diesmal sollte es anders werden. Nach ca. 85 km erreichte ich so mit etwas Mühe und mit der Gruppe die 3. Verpflegungsstelle an der Nagoldtalsperre. Hier gab es leckeren Kuchen und wieder Bananen und Apfelstückchen. Durch die ständige Tempoarbeit der Bühler lag ich hier bereits fast eine Stunde vor meinem Zeitplan. Ich beschloss wieder mit ihnen loszufahren, auch wenn ich wusste, dass ich dieses Tempo nicht lange würde halten können.

So kam es dann auch wie es kommen musste. Während ich auf dem folgenden Flachstück noch einigermaßen Anschluss halten konnte, musste ich am nächsten Anstieg nach Besenfeld (ca. 200hm) abreißen lassen. Hier spürte ich erstmals meine Oberschenkel und ich fürchtete schon einen Krampf zu bekommen. Ab jetzt musste ich also mein eigenes Tempo fahren. Ich bewältigte den Anstieg mit etwas Mühe und stürzte mich in die folgende Abfahrt. Es folgte ein kurzes Flachstück nach Schönmünzach. Leider musste ich auch hier alleine im Wind fahren. Langsam wurde mir bewusst, dass ich in der Folgezeit wohl des Öfteren auf mich alleine gestellt sein würde.


In Schönmünzach beginnt der Anstieg zum Seibelseckle, dem letzten längeren Anstieg des Tages. Die ersten 5 km sind noch relativ flach, die folgenden 5 km sind zwar deutlich steiler, allerdings gibt es immer wieder kurze Flachpassagen zum Ausruhen. Lediglich die letzten 4 km sind hart und führen mit Steigungsprozenten um die 7 % zum Gipfel. Kurz vor dem Anstieg überholte mich dann eine größere Gruppe. Zunächst ließ ich sie fahren. Doch dann wurde mir klar, dass ich auf den ersten flacheren Kilometern noch mal Kraft sparen konnte. Also schloss ich die Lücke und radelte mit der Gruppe weiter. Doch die kleineren steilen Rampen zwischendrin, sprengten die Gruppe immer wieder. Trotzdem fand ich oft ein Hinterrad. So kämpfte ich mich die ersten 10 km nach oben. In Hinterlangenbach wartete dann erstmal der Brunnen auf mich. Auf diesen hatte ich mich schon den ganzen Anstieg über gefreut. Mittlerweile war es kurz vor 12 Uhr und die Sonne brannte an einigen Stellen bereits unerbittlich. Ich erfrischte mich kurz und fuhr dann alleine und mit meinem eigenen Tempo weiter. Die folgenden Kilometer zogen sich dann noch mal unendlich lange hin. Ich begann bereits in 100 m Abschnitten zu denken und war froh, dass ich plötzlich und 500 m früher als erwartet, die Schranke erblickte. Ich war oben. Am Seibelseckle war die vierte Verpflegungsstelle aufgebaut. Es gab leckere Frischkäsebrötchen, wieder Kuchen und selbst gemachte Müsliriegel oder so etwas Änliches. Jedenfalls schmeckte wieder alles hervorragend. Ich futterte ordentlich, legte mich für einige Zeit in den Schatten und erfrischte mich mit einem Wasserschlauch. Zu diesem Zeitpunkt war zwar ein Großteil der Höhenmeter erklommen, trotzdem waren noch über 80 km zu radeln. Keine rosige Vorstellung wenn man schon ziemlich kaputt ist.


Eigentlich sollte als nächstes eine fast 40 km lange Abfahrt folgen. Doch ein Höhenprofil kann täuschen. Kurz nach Beginn der Abfahrt folgte der erste kurze Gegenanstieg. Zugegeben, dieser war im Höhenprofil zu erkennen, aber was man nicht sehen will, sieht man eben auch nicht. Danach ging es dann in der Tat gut 20 km bergab. Danach jedoch bremsten immer wieder kleinere Hügel die Fahrt. Und wieder einmal zeigte sich, dass die härtesten Höhenmeter die sind, mit denen man nicht rechnet. In diesem Bereich traf ich an einer Ampel auf einen Triathleten. Ein kurzer Smalltalk bis die Ampel grün wurde und ich ging zunächst in die Führung. Wenige Zeit später erlöste er mich dann und legte ein ordentliches Tempo vor. Gut so, hier konnte man noch mal richtig Zeit gut machen. Kurze Zeit später Zeit kamen wir an eine Weggabelung und ich sah mich plötzlich wieder in der Führungsrolle. Ich versuchte das Tempo ähnlich hoch zu halten. Trotzdem wunderte ich mich, warum er nach einiger Zeit nicht wieder die Führung übernahm. Aber er konnte wohl inzwischen auch nicht mehr schneller. Irgendwann stellten wir das Tempofahren dann gänzlich ein und unterhielten uns in gemütlichem Tempo. Die vielen Höhenmeter machten ihm mittlerweile wohl auch zu schaffen, das war er von den Triathlonen nicht gewohnt. Ich selbst war ebenfalls schon ziemlich am Ende mit meinen Kräften. Die zunehmende Hitze machte die Sache nicht einfacher. Doch es sollte noch schlimmer werden. Es folgte ein ca. 3 km langer Anstieg zur zweitletzten Verpflegungsstelle. Die Straße wurde auf dem letzten Kilometer richtig steil. Mein Tacho zeigte Geschwindigkeiten von unter 7 km/h. Mit einem Rennrad wäre ich wohl umgefallen. So kurbelte ich mit 26/32 Meter für Meter nach oben. Zu allem Unglück brannte hier die Sonne unerbittlich auf einen nieder. Ein kühlender Fahrtwind war bei diesen Geschwindigkeiten natürlich nicht zu spüren. Ich fühlte mich, als ob mir die Sonne höchstpersönlich immer wieder mit dem Hammer auf den Kopf schlagen würde. Einzig die Aussicht, oben bei der Verpflegungsstelle wieder eine Pause einlegen zu können, hielt mich vom Absteigen ab. Ziemlich fertig kam ich schließlich oben an. Ich aß Apfelstückchen und Kuchen und legte mich erstmal in den Schatten. Noch waren 45 km zu fahren und es sollten noch 3 kleiner Anstiege folgen. Mittlerweile war ich völlig kaputt. Die bisher zurückgelegten Höhenmeter waren deutlich zu spüren und die Hitze erledigte das Übrige. Auf den letzten Kilometern hatten zudem auch meine Waden immer mal wieder einen Krampf angedeutet.


Ab jetzt setzte ich mir immer kleine Etappenziele. Es ging immer nur darum, die nächsten 5 km zu überstehen. Im folgenden Flachstück schaffte ich es kaum meinen bisherigen Schnitt von gut 24 km/h zu halten und das obwohl dieser ja mit etlichen Anstiegen erreicht worden war. Mein Puls zeigte teilweise Werte unter 130 an, obwohl ich rein gefühlsmäßig fast am Anschlag fuhr. So kämpfte ich mich Kilometer für Kilometer voran. Immer wieder überholten mich einzelne Fahrer oder kleinere Gruppen. Vor ein paar Stunden noch, hätte ich mit Sicherheit nachgesetzt. Doch nun ließ ich das alles geschehen. Kein Zupfen am Lenker, nicht einmal der kleinste Versuch dranzubleiben wurde gestartet. Es wäre ohnehin zwecklos gewesen. Zwischendrin überlegte ich immer wieder, ob ich nicht ein schattiges Plätzchen aufsuchen und mir eine kurze unplanmäßige Pause gönnen sollte. Aber ich wusste, dass vor dem Ziel noch einmal eine Verpflegungsstelle kommen musste. Diese wollte ich unbedingt erreichen. Schließlich schaffte ich es auch. Mittlerweile völlig am Ende mit meinen Kräften aß ich wieder Käsebrötchen und Kuchen und legte mich erneut in den Schatten. So wirklich glücklich schaute inzwischen keiner mehr. Die Hitze machte wohl auch den anderen zu schaffen. Jetzt war der richtige Zeitpunkt mein Gel welches ich noch vom GP in Triberg hatte, zu mir zu nehmen. Es waren noch 25 km und die 3 kleinen Anstiege zu fahren. Mir wurde bewusst, dass ich mich längst in diesem Kampf gegen den eigenen Körper befand, den ich mir insgeheim gewünscht hatte.

Schließlich setzte ich meine Fahrt fort. Ob es nun das Gel war, oder das nahe Ziel, jedenfalls fühlte ich mich nach der letzten Verpflegung wieder besser, nicht gut aber besser. Die beiden ersten Anstiege waren nicht schwer und ich bewältigte sie zwar langsam aber doch mit einem einigermaßen flüssigen Tritt. Ein paar Kilometer vor dem Ziel überholten mich noch mal zwei Fahrer, von denen mir der eine ob des nahe liegenden Ziels nochmals Mut zusprach. Jetzt hieß es noch mal Kräfte zu mobilisieren. Und tatsächlich gelang es mir, ihre Hinterräder zu halten und so kämpften wir uns gemeinsam nach Bühlertal und in den letzten kurzen Anstieg. Nach 205,7 km, einer reinen Fahrtzeit von 8:34 h und einem Schnitt von 24,01 km/h erreichte ich nach 9:30 h das Ziel. Glücklich und auch ein bisschen Stolz schleppte ich mich zu den Bierbänken und gönnte mir ein Radler, das erste kalte Getränk seit Stunden!


Fazit:

Mein Ziel durchzukommen habe ich erreicht. Aufgrund meiner Bühler Pacemaker erreichte ich einen nicht für möglich gehaltenen Schnitt. Wenn man bedenkt dass ich noch vor ein paar Wochen diesen Schnitt bei GA-Fahrten hatte, konnte ich damit absolut zufrieden sein. Ob ich solch eine Tour allerdings noch mal mit meinem Crossbike absolviere, halte ich für fraglich. Zwar erntete ich unterwegs immer wieder Respekt dafür, aber sinnvoll ist es wohl trotzdem nicht. Hätte ich nicht immer wieder jemanden gefunden, der mir Windschatten spendet, hätte ich es vermutlich gar nicht geschafft. Und irgendwann will man ja auch mal richtig in einer Gruppe mitfahren und nicht nur am Hinterrad lutschen. Folglich werde ich mich noch diesen Winter nach einem richtigen Rennrad umsehen. Eines ist aber auf jeden Fall sicher, sollten wieder einmal 36° für einen Marathon vorhergesagt werden, werde ich den Tag nicht auf dem Rad verbringen, sondern mit einem kühlen Blonden auf dem Sofa und zusehen wie sich die Profis bei der Tour quälen, die kriegen wenigstens Geld dafür.

Die Strecke war wie erwartet sehr schön, auch wenn ich mich auf den letzten 70 Kilometern nicht mehr für die Landschaft interessieren konnte. Auch die Verpflegung und die Organisation ließen keine Wünsche offen. Für 20 Euro (+ 5 Euro Nachmeldegebühr) gab es immerhin 6 Verpflegungsstellen und noch ein bedrucktes T-Shirt mit dem eigenen Foto, welches vor dem Start geschossen wurde. Einzig die fehlende Beschilderung zu Beginn war ein Manko. Allerdings hielt sich hier hartnäckig das Gerücht, dass pubertierende Jugendliche in der Nacht auf Beutezug unterwegs waren. In der heutigen Zeit, durchaus möglich.

Kurz um, sollte das Wetter stimmen und ich nächstes Jahr ein Rennrad haben, bin ich wieder dabei.