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Rennradtour Bludenz - Zell am See vom 04.08.20 - 08.08.20

    Tag1 (Silvretta Hochalpenstraße)

    Tag2 (Schlegeisspeicher, Pfitscher Joch)

    Tag3 (Würzjoch)

    Tag4 (Passo Valparola, Passo Tre Croci, Drei Zinnen)

    Tag5 (Hochtor, Edelweißspitze)


1. Tag (Silvretta Hochalpenstraße)


Nachdem ich im letzten Jahr zum ersten Mal mit dem Mountainbike die Alpen unsicher machte, wechselte ich in diesem Jahr wieder aufs Rennrad. Es gab den letzten weißen Fleck auf meiner Landkarte zu tilgen, das Hochtor am Großglockner. Vor Jahren stellte ich eine Liste der Pässe mit über 2.000 m Höhe auf und setzte mir zum Ziel sie alle zu fahren. Inzwischen war nur noch ein Einziger übrig geblieben. Die Vorbereitung lief mal wieder äußerst mies. Nachdem ich den Winter über nur Krafttraining betrieb, begann das Training Mitte Februar ganz gemächlich. Bis Ende April kamen gerade einmal 600 km zusammen. Zwei längere Krankheiten und ein radloser Urlaub ließen den Tacho bis Ende Juni auf sagenhafte 900 km hochschnellen. Erst im Juli kam ich dann endlich in Schwung und fuhr jeden zweiten Tag, wenn auch nur kurz. Immerhin kamen so noch einmal 650 km dazu. Trotzdem war das für einen mehrtägigen Radurlaub mit Gepäck in den Alpen eigentlich grenzwertig.


Mein Wecker klingelte um 6:30 und eine viertel Stunde später saß ich bereits im Auto Richtung Bludenz. Unterwegs machte ich noch eine kurze Rast und frühstückte mein Müsli, ehe ich um 10:30 Uhr Bludenz erreichte. Das Wetter war für den ersten Tag äußerst mies vorhergesagt. Ich hatte den Urlaub bereits einen Tag nach hinten verschoben. Nochmal einen Tag schieben wollte ich nicht, da ich sonst am Samstag in den Dolomiten und am Sonntag am Großglockner gewesen wäre. Das wollte ich mir verkehrstechnisch nicht antun. Immerhin war es bei Ankunft trocken und ich konnte wenigstens in Ruhe mein Rad beladen und mich anständig anziehen. So startete ich bei kühlen 12° in kurz/kurz aber schon mit Regenüberschuhen frohen Mutes die erste Etappe.

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Mein Gefährt für die nächsten sieben Tage, mein inwischen 12 Jahre altes Stevens SCF2.

Ich war kaum unterwegs, da fing es bereits an ganz leicht zu nieseln. Direkt nach Bludenz, wechselte ich von der Straße auf den Radweg. Dieser war nicht an jeder Kreuzung perfekt ausgeschildert. Aber eigentlich musste man sich nur immer an der Ill orientieren. Der Fluss ist ständiger Begleiter des Radweges. Anfangs ging es nur ganz gemächlich bergauf, genau richtig um sich bei den kühlen Temperaturen ordentlich warm zu fahren. Leider fing es gegen später stärker an zu regnen und so zog ich mir kurz vor St. Gallenkirch die Armlinge und kurz danach auch noch die Regenjacke an. Nach ca. 1,5 h erreichte ich am Ende des Radweges Paternen und kurz danach die Mautstelle. Ab hier wurde es erstmal für ein längeres Stück deutlich steiler. Für die nächsten 6 km waren im Schnitt über 9% zu bewältigen. Trotzdem fuhr es sich so früh am Tag natürlich noch recht locker. Verkehr war ob des schlechten Wetters auch kaum vorhanden und die nun zahlreichen Serpentinen erleichterten mir die Arbeit. So pedalierte ich fröhlich vor mich hin. Zeitweise hatte ich die Hoffnung, dass das Wetter besser werden würde. Teilweise ließ der Regen auch etwas nach, aber ganz schloss der Himmel seine Pforten nie.

Anstieg Silvretta Hochalpenstraße.jpg
Blick auf die erste Serpentinengruppe nach der Mautstelle auf der Silvretta Hochalpenstraße.

Kurz vor dem Vermuntstausee fuhr ich dann in eine eklige Nebelwand. Die Temperatur war mittlerweile auf 6° gefallen und ich konnte meinen eigenen Atem sehen. Da ich langsam auch richtig Hunger bekam, beschloss ich baldmöglichst Pause zu machen. Gott sei Dank sah ich am linken Wegesrand kurz darauf eine kleine Hütte. Hier hätte man sogar mit Feuerholz einen kleinen Ofen beheizen könne und kurz dachte ich sogar daran. Da ich immer noch in der kurz/kurz Variante und nur mit Armlingen und einer dünnen Regenjacke unterwegs war, war mir inzwischen richtig kalt geworden. In der Hütte war es immerhin windgeschützt und so konnte ich in Ruhe etwas essen und mich umziehen. Allerdings hatte ich so viel ja auch nicht dabei. Ein trockenes Langarmtrikot und ein langärmliges Funktionsshirt war alles was ich noch nachlegen konnte. Da ich mir für die Abfahrt das Trikot aufsparen wollte, zog ich die nassen Sachen aus und startete wenig später nur mit dem Shirt und der Regenjacke bekleidet. Ich hatte ziemlich Glück, denn der Nebel verzog sich und es wurde wieder etwas wärmer. Rasch erreichte ich den Stausee und wusste, es sind nur noch 5 km bis zum Gipfel. So lange sollte ich mit meiner spärlichen Kleidung noch durchhalten können. Die Straße wurde jetzt deutlich flacher, allerdings war es ziemlich unrhythmisch und es waren immer mal wieder steilere Passagen zu bewältigen.

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Regen, Nebel, Kälte: Unwirtliche Bedingungen am Vermuntsstausee auf der Silvretta Hochalpenstraße, 5 km vor der Bieler Höhe.

Um kurz nach 1 Uhr erreichte ich schon die nächste Staumauer und machte mir schon Sorgen, dass es noch eine dritte gab, aber ich war tatsächlich schon am Silvretta Stausee und somit auf der Bieler Höhe angekommen. Die Aussicht war natürlich kein Vergleich zu 2013 als ich hier mit Steffi zusammen bei strahlendem Sonnenschein einen Cappuccino auf der Terrasse schlürfte. Aber immerhin auf das italienische Warmgetränk musste ich nicht verzichten, diesmal allerdings indoor. Ich setzte mich in das kleine Café im Silvretta Lädili und hoffte dass mein Shirt einigermaßen trocknen und der Regen vielleicht ein wenig nachlassen würde. Immerhin war es dort einigermaßen warm. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, einfach abzuwarten, bis es ganz aufhören würde zu regnen. Aber ich wollte meinen Zug in Landeck nicht verpassen, also setzte ich nach knapp 25 Minuten meine Fahrt fort. Das Shirt war fast trocken also ließ ich es an und zog das Langarmtrikot und die Regenjacke drüber, dann ging es weiter.

Silvretta Hochalpenstraße.jpg
Der Gipfel der Silvretta Hochalpenstraße auf knapp über 2.000 m Höhe. Die Schneefallgrenze mittlerweile knapp darüber!

Zu Beginn noch zwei Serpentinen, dann konnte man es laufen lassen. Es war Gott sei Dank nicht so kalt wie erwartet, ich hatte keinen Gegenwind und auch der Regen ließ ganz wie vorhergesagt immer mehr nach. Die Hoffnung dass im Tal die Sonne scheinen würde erfüllte sich allerdings nicht. Die Abfahrt flachte gegen Ende immer weiter ab, so dass ich auch wieder ordentlich mittreten durfte. In Sees angekommen, gönnte ich mir noch mal eine kleine Pause und nahm die zweite Mahlzeit des Tages ein. Getrunken hatte ich auch kaum was, jedenfalls musste ich meine zwei Wasserflaschen nicht einmal nachfüllen. Es hatte jetzt aufgehört zu regnen und ich lag gut in der Zeit, also ließ ich es gemächlich angehen. Nach der Pause trennte ich mich auch von den Überschuhen und der Regenjacke in der Hoffnung, dass die Klamotten darunter durch den Fahrtwind noch trocknen würden und ich mich für die Zugfahrt nicht umzuziehen bräuchte.


Um kurz nach 16:00 Uhr erreichte ich Landeck und fand auch schnell den Bahnhof. Damit war meine erste Etappe nach 96 km, 1.600 hm und einer reinen Fahrtzeit von 3:51 h vorüber. Ich kaufte was zu trinken, aß noch mal was und döste im Zug ein wenig vor mich hin. Nach einer Stunde Zugfahrt erreichte ich schließlich Jenbach um 17:29 Uhr. Leider regnete es hier wieder etwas, aber das störte mich nun auch nicht mehr. Ich machte mich auf den Weg zum Gasthaus Astner in Grünsbach. Dort hatte ich mir ein Zimmer für 38 Euro gebucht. Um kurz vor 18:00 Uhr war der Tag auf dem Rad dann endgültig zu Ende. Leider war ich zu blöd die Dusche richtig zu bedienen und musste so mit lauwarmem Wasser duschen. Nach dem kühlen und verregneten Tag war das kein besonderes Vergnügen. Und auch die Sauberkeit des Zimmers ließ schwer zu wünschen übrig. Aber gut, für knapp 40 Euro sollte man dann auch keine Präsidenten-Suite erwarten. Ich wusch meine Sachen und aß im Gasthaus zu Abend. Ziemlich müde versuchte ich dann früh schlafen zu gehen.

Übersicht


2. Tag (Schlegeisspeicher, Pfitscher Joch)


Ich schlief zu meiner Überraschung mal gut. Trotzdem stand ich schon kurz nach 7 Uhr auf. Das war auch gut so, denn heute stand das Pfitscher Joch auf dem Programm. Wie lange ich dort für die Wanderung brauchen würde, konnte ich sehr schlecht abschätzen. Aber zunächst mal konnte ich mich an einem guten und reichhaltigen Frühstück erfreuen. Meine Beine fühlten sich auch gut an und selbst das Wetter zeigte sich früh am Morgen von seiner besseren Seite. Um kurz nach 9 Uhr startete ich zur zweiten Etappe. Meine Schuhe waren vom Vortag noch leicht nass, ansonsten war alles gut trocken geworden. Das gestrige schlechte Wetter war noch gut zu erahnen, jedenfalls hing die Suppe noch ordentlich im Tal. Aber es war auf jeden Fall schon mal trocken und wärmer und immerhin vereinzelt entdeckte ich am Himmel blaue Flecken. Ich fuhr zurück nach Jenbach und landete direkt nach dem Tunnel auf der Bundesstraße 169. Hier war schon einiges los. Gott sei Dank hatte ich Rückenwind und die Autofahrer verhielten sich alle vorbildlich. In Kaltenbach wurde die Straße dann zur Schnellstraße und ich musste zweimal nach dem Weg fragen, ehe ich mich auf einer ruhigen Straße auf der anderen Seite der Ziller befand. Ab Aschau hatte ich die Straße dann fast für mich alleine. Kurz vor Mayerhofen wechselte ich noch einmal auf die Bundesstraße, was eine ziemlich dämliche Idee war, weil ich hier tatsächlich im Stau stand. So brauchte ich noch einmal ein paar Minuten bis ich nach h 1:45 h endlich Mayerhofen erreichte.

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Auf dem Weg zum Schlegeisspeicher kurz vor Mayerhofen, leider noch bei trübem Wetter.

Ich kaufte mir ordentlich Proviant ein und fuhr noch ein Stück weiter, weil mir der Trubel dort nicht zusagte. Kurz vor Hochsteg machte ich dann an einer Bushaltestelle die erste größere Pause und aß etwas. Nachdem ich am Tag zuvor nur zwei Falschen getrunken hatte, stellte ich nun mehr oder weniger zufrieden fest, dass bis Mayerhofen die erste schon leer war. Während bis Mayerhofen auf den ersten 40 km nur etwa 150 Höhenmeter zu überwinden waren, begann nun der Anstieg zum Schlegeisspeicher. Mit 22 km und 1.150 hm schon eine echte Bewährungsprobe. Allerdings vom Schnitt her nicht wirklich steil. Dumm nur dass die Realität keinen Schnitt kannte. In Wirklichkeit war der Anstieg unglaublich unrhythmisch zu fahren. Spitzen bis zu 12% wechselten sich mit flacheren Abschnitten ab. So richtig spielte auch das Wetter nicht mit. Während ich mir morgens noch sicher war, die Sonne würde den Kampf gegen die Wolken gewinnen, war davon nicht mehr viel zu sehen. Dementsprechend war es nach wie vor sehr frisch.


Ich kam zwar gut voran, spürte aber trotzdem schon meine Beine. Das wenige Training machte sich also schon am zweiten Tag bemerkbar. „Jo, du Cleverle, wer hätte das gedacht“ schoss es mir durch den Kopf und ich musste unweigerlich grinsen. Glücklicherweise hatte ich in Mayerhofen den Trubel hinter mir gelassen und auf der Straße war kaum was los. Allerdings gab es auch nicht wirklich was zu sehen. Auf den nächsten Kilometern mussten einige kleine Galerien durchfahren werden. Bis auf die erste hatten aber alle einen kleinen Gehweg am Rand, den ich auch nutzte. Bei Rauth machte ich noch mal eine kleinere Pause ehe ich auch das letzte Stück bis zur Mautstelle bei Herbergalm bewältigte. Dort wurde der motorisierte Verkehr zurückgehalten während ich meine Fahrt fortsetzten durfte. So hatte ich die ersten Kilometer der Straße für mich. Es ging hier jetzt ordentlich zur Sache mit Steigungen jenseits der 10 %. Als kleine Entschädigung gab es immerhin die erste Serpentinengruppe und es kam wenigstens etwas Pässefeeling auf.

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Die erste Serpentinengruppe kurz hinter der Mautstelle auf dem Weg zum Schlegeisspeicher.

Kurz danach kamen zwei schmalere Tunnels. Der Verkehr wird aber wohl von der Mautstelle aus mit Ampelschaltung videoüberwacht, so dass man sich keine Sorgen machen musste. Es folgte ein kurzes Flachstück ehe die Staumauer in Sicht kam. Es war unschwer zu erkennen, dass bis dahin noch einmal ordentlich Höhenmeter zu bewältigen waren und so kam es dann auch. Aber auch hier zeigten sich die Straßenbauer gnädig und man wurde durch die zweite und letzte Serpentinengruppe entschädigt. Glücklich und zufrieden erreichte ich um 12:40 Uhr nach 3:20 h reiner Fahrtzeit und 64 km sowie 1450 hm den Schlegeisspeicher auf knapp 1.800 Meter Höhe und hatte damit den ersten Teil erfüllt. Ich hatte auf dem gesamten Weg ab Mayerhofen keinen Rennradfahrer gesehen und im oberen Teil lediglich zwei E-Mountainbiker getroffen und diese sogar überholt. Tja, die Dinger sind bergauf recht schnell, schieben sich mit leerem Akku aber denkbar schlecht :-)

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Blick am Schlegeisspeicher Richtung Pfitscher Joch, Gott sei Dank klart der Himmel langsam auf.

Ab jetzt würde ich absolutes Neuland betreten. Ich fuhr ein Stück um den See herum, machte an einem kleinen Kiosk eine kurze Pause, kaufte was zu trinken und wechselte das Schuhwerk. Ich hatte mir vor einigen Jahren im Decathlon für 10 Euro leichte Strandschuhe gekauft. Diese waren weil klein und faltbar eigentlich als Abendgaderobe bei Gepäcktouren gedacht. Diesmal mussten sie auch als Wanderschuhe herhalten und ich war gespannt, ob sie und ich das überstehen würden. Das erste Teilstück war noch flach am Zamserbach entlang und ich konnte mein Rad problemlos schieben. Es folgte die erste etwas schwierigere Stelle. Über ein paar Steine musste ein kleiner Bach überquert werden. Da mir Wanderer entgegenkamen, wollte ich ganz selbstbewusst zeigen, dass ich weiß was ich hier tat und mich nicht etwa verfahren hatte. Also flugs über die Steine drüber. Genauso flugs rutschte ich weg und konnte mich gerade noch mit der Hand an einem Stein abfangen ohne samt Rad auf die Schnauze zu fliegen. Ich musste innerlich über mich selbst lachen und gleichzeitig fluchen. Ein wenig mehr Vorsicht und ein bisschen weniger Überheblichkeit würden mir für den Rest des Weges sicher guttun. Immerhin wusste ich jetzt, dass meine Schuhe saumäßig rutschig waren.

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Der Beginn des Wanderweges vom Schlegeisspeicher zum Pfitscher Joch.

Ich konnte große Teile des Weges mein Rad schieben, ab und zu trug ich es am langen Arm. Insgesamt kam ich aber gut voran. Immerhin überholte mich kein Wanderer, ich war augenscheinlich nicht langsamer als diese unterwegs. Nach gut 40 Minuten kam ich an die erste größere verblockte Stelle, an der ich mein Rad mal für 3-4 Minuten am Stück tragen musste. Von oben kamen mir Mountainbiker entgegen, von denen einige liefen und manche im Sattel blieben. Ich dachte noch, wow, so will ich auch mal fahren können. Ein paar Sekunden später machte einer von ihnen beinahe einen Abgang über den Lenker. Das Hinterrad hatte schon abgehoben und er konnte gerade noch so einen Sturz vermeiden. Erst da sah ich, dass der Gute nicht mal einen Helm anhatte. Clever geht auch anders. Nach dem etwas schwierigeren Teil wurde es wieder flacher und ich konnte wieder längere Zeit mein Rad schieben. Man lief jetzt des Öfteren auf riesigen Steinplatten.

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Im Mittelteil des Anstieges zum Pfitscher Joch. Ein fast ebener Weg auf Steinplatten und damit gut zu Schieben.

Dann kam eine kleine Alm in Sicht und man sah schon von weitem, dass es jetzt noch einmal anstrengender wurde. Wieder musste ich mein Rad ein wenig länger tragen und ich kam mächtig ins Schwitzen. Dann war auch dieser Teil geschafft und ich gönnte mir eine kleine Pause. Es war mittlerweile 15:00 Uhr und ich war später dran als ursprünglich geplant, dafür fühlten sich meine Beine überraschend frisch an. Der Wechsel vom Rad zum Laufen hatte mir wohl gut getan. Der weitere Weg war nun auch wieder zu erkennen. Zunächst ging es flach und fast schon fahrbar einige hundert Meter weiter, ehe über eine Serpentine der steilere Schlusshügel erklommen werden musste. Das letzte Stück zog sich dann noch mal länger als gedacht und ich machte mir schon Sorgen, dass oben auf dem Hügel noch gar nicht das Joch war. Aber ich hatte Glück. Nach 1:50 h Wanderzeit waren die knapp 6 km und 450 hm geschafft.

Anstieg Pfitscher Joch.jpg
Aussicht kurz vor dem Pfitscher Joch hinab ins Tal auf den Anstieg zum Schlegeisspeicher.

Oben hatte man zumindest in eine Richtung eine schöne Aussicht, leider gab es aber kein Passschild zu fotografieren. Auch wenn das Ganze irgendwie Spaß gemacht hat und ich meinen kleinen Schuss Abenteuer den ich wollte bekommen hatte. Ich kann den Übergang mit dem Rennrad nicht empfehlen. Solche Wanderungen nehme ich gerne in Kauf, wenn man dafür etwas geboten bekommt wie am Colle del Nivolet zum Beispiel. Aber hier war weder die Fahrt zum Stausee noch die Aussicht am Joch etwas Besonderes. Ich hielt mich nicht lange oben auf und war nun auf die Abfahrt gespannt. Ich wusste dass der obere Teil geschottert war, hoffte aber trotzdem einigermaßen gut abfahren zu können.

Aussicht Pfitscher Joch.jpg
Ausblick vom Pfitscher Joch. Ganz klein im Hintergrund ist der Schlegeeisspeicher zu erkennen.

Die ersten Meter waren dann noch ganz gut zu fahren, danach war es für mich und mein Rennrad fast schon grenzwertig. Zum einen ist die Abfahrt sehr steil, immerhin verliert man auf 10 km 700 Höhenmeter. Zum anderen ist sie teilweise auch recht grob geschottert. Ich musste unterwegs mehrfach anhalten um den Händen und Felgen eine kleine Pause zu gönnen. Nach einer halben Stunde war der Spuk dann vorbei und ich erreichte bei Stein endlich Asphalt. Jetzt folgte dafür eine traumhafte Abfahrt. Ein super Belag und wohl auch kräftig Rückenwind, jedenfalls musste ich selbst in den flacheren Passagen fast nie mittreten. Verkehr gab es hier natürlich auch so gut wie keinen. Blöd nur dass ich tierische Nackenschmerzen bekam und daher unterwegs noch eine ungeplante Pause einlegen musste.

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Blick Richtung Sterzing auf der Abfahrt vom Pfitscher Joch. Nachdem 10 km langen Schotterstück nun auf bestem Asphalt.

Dann erreichte ich um ca. 16:40 Uhr nach 97 km, 1.500 hm Radtour und einer reinen Fahrtzeit von 4:30 h zzgl. 6 km und 450 hm Wanderung endlich Sterzing und musste erst mal eine Weile nach einem Supermarkt suchen. Dort deckte ich mich ordentlich mit Lebensmitteln ein und füllte meine Flaschen mit Blubberwasser. Auf dem holprigen Weg ins Hotel war das für meinen Flaschenverschluss wohl zu viel. Jedenfalls hörte ich einen lauten Blopp und das Teil sauste in hohem Bogen an mir vorbei. Gott sei Dank konnte das Auto hinter mir noch rechtzeitig anhalten und so konnte ich ihn retten. Ich fand rasch das etwas abseits gelegene Hotel Brenner und war durchaus erfreut. Ich durfte mein Rad mit aufs Zimmer nehmen, hatte massig deutsche Sender und ein großes absolut sauberes Zimmer. Einziger Wehrmutstroffen, man kann dort nicht essen. Nach meiner üblichen Dusch- und Waschorgie gönnte ich mir erstmal Milch mit Marmorkuchen und lümmelte ein wenig im Bett herum. Danach fragte ich an der Rezeption wo die nächste Gaststätte ist und bekam als Gegenfrage, ob ich keine Pizza bestellen wollte, sie würde eh gleich anrufen. Alla gut, dachte ich, Pizza geht auch. So bekam ich rund 40 Minuten später einen Anruf und konnte meine Pizza an der Rezeption abholen. Nach dem Abendessen gönnte ich meinen müden Beinen Franzbranntwein, dehnte ein wenig und schaute mir die Profile der nächsten Etappe an. Dann ging ich schlafen.

Übersicht


3. Tag (Würzjoch)


Ich hatte gut geschlafen, wachte aber wie immer früh auf Das war diesmal aber kein Problem, denn es gab schon ab 7:00 Uhr Frühstück. Das war dann wirklich vom Feinsten, alles was das Herz begehrte. Insgesamt war ich mit dem Zimmer für 70 Euro absolut zufrieden. Morgens beim Packen konnte ich dann meine Sonnenbrille nicht finden. Ich vermutete, ich hatte Sie am Vortag beim Einkaufen verloren. Musste ich wohl heute eine neue kaufen. Darauf hatte ich aber so früh am Morgen keine Lust. Ich wollte aufs Rad. Also startete ich um 8:15 Uhr auf dem Radweg nach Brixen die dritte Etappe. Das Wetter zeigte sich endlich von seiner besten Seite, strahlend blauer Himmel aber noch leicht kühl am Morgen, mit einem Wort: Perfekt. Bereits im ersten Ort drehte ich zwei Extraschleifen, weil ich der Radwegbeschilderung nicht folgen konnte und hatte bereits die Schnauze voll. Bei der nächsten Möglichkeit würde ich auf die Straße wechseln. Von da an war der Radweg aber schön, auch wenn es immer wieder zum Teil auch steil auf und ab ging. Ich war mir sicher, dass ich das später am Tag noch bereuen würde. Dafür hatte man hier absolut keinen Verkehr und konnte immer mal wieder die Blicke schleifen lassen. Da es tendenziell nach Brixen bergab ging, durfte man für jeden kleinen Hügel den man erklomm, fast doppelt so lange wieder bergab rauschen.

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Von dem stetigen Auf und Ab abgesehen, der schön angelegter Radweg zwischen Sterzing und Brixen, der von diesem Bild abgesehen deutlich abgesetzt von der Hauptstraße verläuft.

Der Mittelteil war dann am schönsten, nur ganz selten ging es jetzt mal bergauf, die meiste Zeit konnte man es einfach nur rollen lassen. Das letzte Stück ging es dann wieder auf die Straße. Etwas mehr als eine Stunde nach dem Start erreichte ich schließlich Brixen. Dort brauchte ich dann gefühlt ewig, bis ich ein Brillengeschäft, in diesem Fall Fielmann fand. Die Auswahl an sportlichen Sonnenbrillen war gering und so kaufte ich teuer aber nicht unbedingt hübsch ein. Dann begann für mich der lange Anstieg zum Würzjoch. Der erste Teil wusste gleich mal zu Gefallen. Viele Serpentinen, immer mal wieder schattenspendende Bäume und bereits zu Beginn eine tolle Aussicht hinab ins Tal.

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Blick auf Brixen im ersten Teil des Anstieges zum Würzjoch.

Wie schon Jahre zuvor, als ich hier mit Steffi unterwegs war, stattete ich dem Edeka in St. Andrä einen kurzen Besuch ab. Wie immer in dieser Gegend kaufte ich mir harte Brezeln (warum gibt’s die bei uns eigentlich nicht?) und Wienerle. Es folgte ein längeres Teilstück im Wald, ehe mir bei KM 8 der Tacho seinen Dienst versagte. Ich bin mit dem Sigma Rox 11 ja echt zufrieden. Aber der Akkuanzeige sollte man nicht vertrauen. Abends noch scheinbar 50%, am nächsten Morgen Ende Gelände. In St. Jakob machte ich die erste kleinere Pause und aß etwas. Ich war schon gut ins Schwitzen gekommen, obwohl es im Schatten noch recht kühl war. Auch spürte ich bereits jetzt meine Beine und das obwohl der Anstieg bis hierher nie wirklich steil war sondern sich schön gleichmäßig nach oben zog.

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Blick auf die Aferer Geisler während des Anstieges zum Würzjoch.

Nach meiner kurzen Rast, kam ich gut voran und erreichte schon bald den ersten Hochpunkt. Es folgte eine tolle, windungsreiche Abfahrt auf fast überall neuem Asphalt. Dann folgte Teil 2 des Anstieges. Zu Beginn durfte ich erstmal mächtig in die Pedale treten, aber schon nach kurzer Zeit pendelte sich die Steigung im ertragbaren Rahmen ein. Die Aussicht war nun etwas beschränkt, da man sehr dicht an einer Felsformation entlang fuhr. Die Straße wurde schmaler was kein Problem war, da eh kaum Verkehr unterwegs war. So langsam machten sich meine Schulterschmerzen vom Vortag wieder bemerkbar. Das wenige Training machte sich eben nicht nur durch schlechte Beine bemerkbar. Obwohl es ab dem Mitteilteil eher flacher wurde, zog sich der Anstieg jetzt wie Kaugummi. Immer wieder dachte ich, ich würde den nächsten Hochpunkt erreichen, gab Gas und wurde kurze Zeit später enttäuscht.

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Immer wieder schöne Ausblicke auf dem ruhigen Anstieg von Brixen zum Würzjoch.

Gott war ich froh, als ich endlich das Kofeljoch und damit Hochpunkt Nummer 2 erreichte war. Obwohl die Aussicht hier oben begrenzt war, gönnte ich mir eine längere Pause. Die folgende Abfahrt war dann leider nicht mehr so schön wie die erste. Sehr kurvig und ein schlechter Asphalt, aber nach 2 km war der Spuk ohnehin schon vorbei. Der letzte Abschnitt zum Würzjoch war dann nicht mehr steil und gut zu fahren. Vor allem war er auch viel schneller vorbei als gedacht. Eine Schlange parkender Autos am Straßenrand kündigte dann die Passhöhe an, die ich um 13:30 Uhr erreichte. Hier oben war ganz schön Trubel angesagt. Das wunderte mich schon ein wenig, weil auf der Strecke eigentlich kaum Verkehr war. Aber vielleicht kamen die ja alle von der anderen Seite hier hoch. Ich suchte mir ein einigermaßen ruhiges Plätzchen auf einer Bank, aß etwas und unterhielt mich mit einer Mountainbikerin die aus Klausen hochgefahren war.

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Ausblick von der Passhöhe des Würzjoch Richtung Osten.

Danach folgte die Abfahrt Richtung Val Badia. Auch diese war überraschend gut zu fahren. Fast überall war der Belag gut, teilweise sogar ganz neu aufgetragen. Trotzdem musste ich aufgrund der Steilheit und der vielen Kurven ordentlich bremsen und meine Finger begannen schon zu schmerzen. Da kam mir der Gegenanstieg grade gelegen. Allerdings zog er sich auch wieder länger hin als gedacht und auch hier dachte ich mehrmals gleich bin ich oben und wurde dann enttäuscht. Auch das letzte Stück war wieder schön zu fahren und ich musste auch nicht mehr ganz so viel bremsen.

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Fast am Ende der Abfahrt vom Würzjoch. Der Blick auf St. Martin uns ins Tal Richtung Alta Badia.

Es folgten im Tal die letzten 13 Kilometer bis La Villa. Es war zwar wenig Verkehr aber die Straße war trotzdem nicht schön zu fahren. Es geht immer am Fluss Gran Ega entlang, aber ansonsten gibt es nichts zu sehen. Außerdem war es mittlerweile richtig heiß und ich schon ziemlich müde. Die ersten Kilometer liefen noch recht flüssig. Ich versuchte ein gutes Gleichgewicht zwischen locker treten und trotzdem schnell vorankommen zu finden. Das gelang mir mit zunehmender Dauer immer schlechter. Außerdem sah die Strecke so aus, als ob man leicht bergab fahren würde. Leider eine optische Täuschung, denn eigentlich ging es stetig flussaufwärts. Ich musste unterwegs noch zwei kleine Pausen einlegen. Das war gar nicht so einfach, weil es wirklich keinen einzigen geeigneten Platz gab. Keine Bank, kein Baumstumpf auf den man sich hätte setzen können, nicht mal ein schattenspendender Baum. So war ich dann sehr froh, um 15:00 Uhr endlich La Villa zu erreichen.


Ich ging ins Touri-Büro und da ich früher dran war als geplant, beschloss ich nicht in La Villa zu übernachten, sondern mir wenn möglich ein Zimmer Richtung Passo Valparola zu suchen. Leider durften man mir im Touri Büro keine Zimmer buchen, sondern konnte mir nur Hotellisten anbieten. So dauerte es ein paar Anrufe, bis ich schließlich ein günstiges Zimmer in St Kassian fand. Mir war auf der Fahrt nach La Villa das trinken ausgegangen, aber der feine Herr hatte ja mal wieder keine Lust was einkaufen zu gehen. So wurde der 3,5 km lange Anstieg obwohl gut zu treten dann doch noch mal härter als gedacht.

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Während des Anstieges von La Villa nach St. Kassian, die Dolomiten fest im Blick.

Schließlich erreichte ich nach 93 km und 2.300 hm um ca. 16:20 Uhr St. Kassian. Ich fand schnell den Supermarkt und kaufte viel zu viel zum Essen ein. Dann ging es in mein Hotel, das Albergo La Varella. Ich bekam ein nettes kleines Zimmer, zwar ohne deutsches TV dafür aber sehr sauber und mit kostenlosem WLan. Da ich früh dran war, gönnte ich mir nach der Dusche erstmal eine Mütze Schlaf ehe ich meine Klamotten wusch. Meine Beine fühlten sich beim Anziehen gar nicht gut an und ich bekam sogar einen Krampf im Oberschenkel. Hier war der Moment in dem ich mich innerlich von den drei Zinnen verabschiedete. Der sausteilen Panoramastraße sollte ich am nächsten Tag begegnen, war mir aber während der Planung nicht sicher gewesen, ob ich den Abstecher noch mitnehmen sollte. Da am letzten Tag noch der nicht minder steile und außerdem unendlich lange Großglockner auf dem Programm stand, durfte ich mich keineswegs kaputt fahren. Zum Abschluss des Tages ging es dann noch in einer Pizzeria Pasta essen. Abends stellte ich dann noch fest, dass ich einen leichten Sonnenbrand auf der Nase hatte. Einmal eincremen pro Tag reichte anscheinend nicht aus, wie überraschend! Bevor ich zu Bett ging, duschte ich meine Beine noch mehrmals kalt ab und gönnte mir eine kleine Massage mit Franzbranntwein, vielleicht würde es ja helfen.

Übersicht


4. Tag (Passo Valparola, Passo Tre Croci, Drei Zinnen)


Ich hatte mal wieder weniger gut geschlafen. Das lag aber nicht an meiner Müdigkeit sondern vielmehr daran, dass das Bett direkt an der Wand stand. Ich muss einfach meine langen Beine in allerlei Richtungen rausstrecken können. Das Frühstück war auch nicht wirklich der Bringer. Ich hatte aber ohnehin nicht so viel Hunger und musste mich auch zurückhalten. Schließlich stand heute kein Einrollen sondern direkt Quaeldich auf dem Programm.


Immerhin war das Wetter immer noch gut und ich kam früh los. Bereits kurz nach 8 Uhr pedalierte ich dem Passo Valparola entgegen. Der Himmel war teils gut bewölkt und die noch tiefstehende Sonne teils hinter Bergen versteckt. Trotzdem kam ich bei 9% Steigung und Spitzen im zweistelligen Bereich direkt gut ins Schwitzen. Die Steigung ließ dann allerdings rasch nach und ich konnte relativ locker vor mich hin treten. Erst kurz vor der ersten kleinen Serpentinengruppe zog die Steigung wieder an, mit 6-8 % konnte ich aber immer noch schön flüssig treten. Verkehr war hier so früh am Morgen praktisch nicht vorhanden. Je höher ich kam, desto besser wurde auch die Aussicht. Vor allem zurück ins Val Badia durfte man schöne Blicke genießen.

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Blick zurück ins Tal während des Anstieges von La Villa zum Passo Valparola.

Kurz nach der Serpentinengruppe folgte eine endlos lange Gerade, die mir bei Steigungen knapp unter 10% ordentlich Körner aus dem Körper zog. Nachdem die nächste Serpentinengruppe erreicht war, hatte ich das schwerste aber hinter mir. Über vier Serpentinen erreichte ich schließlich um ca. 9:15 Uhr das Refugio Passo Valparola, welches ich von unten als Passhöhe vermutete. Die letzten Meter zur eigentlichen Passhöhe war dann lockeres Dahinrollen. Ich genoss den Blick hinab zum Passo Falzarego und fuhr die wenigen Meter hinunter. Dort aß ich eine halbe Banane und musste mich erstmal kurz orientieren, bevor mir klar wurde, dass ich in Richtung Cortina abfahren musste.

Aussicht Passo Valparola.jpg
Blick von der Passhöhe des Passo Valparola auf die Passhöhe des Passo Falzarego und dessen Südauffahrt.

Die Abfahrt war dann ganz ordentlich, der Belag nicht immer top aber stets gut zu fahren. Während anfangs noch einige Serpentinen den Weg bremsten, konnte man es schon bald ordentlich laufen lassen. Ich fuhr auf einen Holzlaster mit Anhänger auf. Dieser ließ ein hinter ihm fahrendes Auto freundlich vorbei, in dem er ordentlich abbremste. Da dachte ich mir, ok, dann kann ich ja auch überholen. Gesagt getan. Was soll ich sagen, so ein Holzlaster mit Anhänger ist lang, sehr lang, verdammt lang. Ich zog im gefühlten Schneckentempo an ihm vorbei. Die Straße war zwar sehr gut einsehbar, aber der Überholvorgang dauerte viel länger als gedacht. Der Kerl am Steuer machte auch keine Anstalten seine Geschwindigkeit zu verringern. Ich bekam ein mulmiges Gefühl und war mehr als erleichtert, dass ich es schließlich doch noch schaffte. Memo an mich. So einen Quatsch mache ich nicht noch mal. Die Krönung war allerdings, dass es danach deutlich flacher wurde und ich mich nicht absetzten konnte. Ich trat wie ein bekloppter in die Pedale und hörte den Laster dennoch ständig hinter mir. Als am Rand eine kleine Parkbucht kam, zog ich im wahrsten Sinne des Wortes die Notbremse und ließ ihn wieder vorbei. Ich verschnaufte ein wenig und trank etwas, ehe ich meine Fahrt fortsetzte. Was soll ich sagen, es wurde direkt wieder steil und nach wenigen Minuten befand ich mich wieder hinter dem Laster:-) In Pocol machte ich noch mal eine etwas längere Pause. Ich hatte zwar nicht wirklich Hunger, zwang mich aber dennoch etwas zu essen.

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Blick auf Cortina d'Ampezzo während der Abfahrt vom Passo Valparola.

Das letzte Stück der Abfahrt nach Cortina d’Ampezzo war dann auch gut zu fahren auch wenn mich kurz vor dem Ort eine heftige Bodenwelle ordentlich durchschüttelte. In Cortina war dann die Hölle los. Es ging zunächst zweispurig Richtung Bozen und ich befürchtete schon, die ganzen Autos würden alle in meine Richtung fahren. Nach dem Abzweig nach Misurana ließ der Verkehr aber deutlich nach. Jetzt begann der Anstieg zum Passo Tre Croci. Schon nach wenigen hundert Metern zog die Steigung mächtig an. Danach war der Pass eher unrhythmisch zu fahren. Zwischendrin gab es immer mal wieder eher flachere Abschnitte. Zum Glück verlief die Strecke zum großen Teil im Wald. So war ich nicht der heißen Mittagssonne ausgesetzt. Außerdem eroberte man sich die Höhenmeter über die eine oder andere Serpentine, so dass trotz fehlender Aussicht keine Langeweile aufkam. Es folgte eine lange steile Gerade, die noch einmal ordentlich Körner kostete. Dann erreichte ich die Sesselliftstation und durfte bei ein paar flachen Metern etwas ausruhen. Das Schlussstück musste man sich dann unrhythmisch über 4 Serpentinen die durch eine längere Gerade unterbrochen wurde erarbeiten. Da auf gut 1.800 Metern Höhe die Baumgrenze noch nicht erreicht ist, bietet die Passhöhe leider nur eine eingeschränkte Aussicht auf die umliegenden Berge. Daher hielt ich oben auch nur kurz an, und fuhr rasch weiter Richtung Drei Zinnen. Die Abfahrt war wellig aber kurz. Es folgte noch mal ein steiler Kilometer bis ich schließlich um 12:00 Uhr den Lago di Misurina erreichte.

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Blick auf den Lago di Misurina, die Drei Zinnen leider noch in Wolken verhüllt.

Dutzende Bilder hatte ich hiervon schon gesehen. Leider war der Himmel nicht ganz so wolkenlos und vor allem der See nicht so klar und ruhig wie bei so manchem Postkartenmotiv. Trotzdem war hier oben jede Menge Trubel angesagt. Ich verpflegte mich erstmal ordentlich im Spar Supermarkt. Da ich sehr gut in der Zeit lag beschloss ich, die Panoramastraße doch anzugehen. Jedenfalls dann, wenn ich irgendwo mein Gepäck unterstellen konnte. Im Bikeverleih hatte ich bereits bei meiner ersten Anfrage Glück. Ich entledigte mich von allem unnötigen Ballast und machte mich auf den Weg. Die puren Zahlen sind gar nicht mal so furchteinflößend. 7 Kilometer und 630 Höhenmeter sind zu bezwingen. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Schon nach kurzer Zeit ging es mit Spitzen bis zu 16% heftig zur Sache. Der Anstieg hieß einen erst mal freundlich willkommen. Nach etwa einem Kilometer war das erste steile Stück absolviert und ich erreichte den idyllisch gelegenen Lago Antorno.

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Blick vom Lago Antorno in Richtung Drei Zinnen auf der Panoramastraße zu den Drei Zinnen.

Hier war schon deutlich weniger los als zuvor. Das lag an der nur wenige hundert Meter entfernten Mautstation. Diese wurde über eine kleine Abfahrt rasch erreicht. Ich machte mir schon etwas Sorgen weil ich das auf dem Rückweg ja auch wieder hoch musste. Nach der Mautstelle durfte ich mich dann noch mal für einen Kilometer ausruhen ehe am Malga Rinbianco der Spaß ein Ende hatte. Für die nächsten knapp 4 Kilometer waren fast 13% Steigung im Schnitt zu bewältigen. Es gab ab jetzt keinen einzigen Meter mehr zum Ausruhen. Ich war um jeden Fotostopp froh und spürte natürlich die bisher zurückgelegten Höhenmeter. Während zu Beginn des Steilstücks noch einige Serpentinen für Abwechslung sorgten, folgte danach eine längere nicht enden wollende Gerade. Die Aussicht hielt sich zu Beginn auch noch in Grenzen. So war man mit sich und seinem Leiden alleine. Auf der gesamten Strecke war kaum Verkehr. Das verschaffte einem immerhin die Möglichkeit, die ganze Straßenbreite zu nutzen. Bei Geschwindigkeiten von gerade einmal 6 km/h war das teilweise auch nötig. Ein kurzer Versuch durch Fahren im Wiegetritt für Abwechslung zu sorgen, scheiterte schnell. Mein rechtes Knie war völlig instabil, auch das ein Zeichen, dass ich die letzten Tage über meine Verhältnisse gefahren war. Nach der langen Geraden folgten noch mal einige Serpentinen. Jetzt kamen auch die drei Zinnen und kurz danach die Auronzo Hütte und damit das Ende des Anstieges in Sicht. Obwohl ich den weiteren Straßenverlauf der eigentlich nur aus drei kurzen Serpentinen bestand einsehen konnte, schien die Hütte hoch über mir unendlich weit weg zu sein.

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Endlich. Die Drei Zinnen kommen in Sicht. Kurz vor dem Ende der sausteilen Panoramastraße zum Herzen der Dolomiten.

Es dauerte auch noch eine ganze Weile, bis ich es endlich geschafft hatte und vor mir das Passschild auftauchte. Aber selbst diese letzten 50 Meter, taten noch einmal weh. Nach all den langen und steilen Anstiegen die ich bisher in den Alpen gefahren war, kam mir dieser wie die Krönung aller Leiden vor. Sicherlich muss man meine schlechte Form bedenken und auch die Tatsache, dass ich bereits zwei Pässe in den Beinen hatte. Aber dieses Biest hatte es wirklich in sich. Und selbst am Passschild war noch nicht Schluss. Eine Rechtskurve und einige steile Meter später hatte ich es endlich geschafft. Sollte der Anstieg mir nicht das letzte bisschen Atem geraubt haben, so tat es die Aussicht von hier oben allemal. Der Blick auf die drei majestätischen drei Zinnen, hinab ins Tal Richtung Lago di Santa Caterina oder auf die umliegenden Berge wie die Cima d’Auronzo oder die Cadine Gruppe war einfach gigantisch. Von einer Sekunde auf die andere waren die Schmerzen wie weggeflogen und ich bereute keinen einzigen Meter der Fahrt. Direkt vor einem zum Greifen nah die mächtigen drei Zinnen und in alle anderen Richtungen fantastische Blicke in die Bergwelt der Dolomiten. Es waren etliche Wanderer unterwegs und am liebsten hätte ich mich ihnen angeschlossen.

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Blick von den Drei Zinnen ins Tal nach Auronzo di Cadore, ganz links der Zwölferkofel.

Aber ich hatte leider nicht ewig Zeit. Schließlich hatte ich für heute noch kein Hotel vorgebucht und wusste noch nicht einmal, in welchem Ort ich übernachten konnte. Also machte ich nur eine kurze Pause und aß noch mal etwas. Die Abfahrt war dann natürlich auch anstrengend, es war Dauerbremsen angesagt. Ich musste zwei bis dreimal anhalten um meine Felgen abzukühlen, trotzdem roch es gegen Ende verdächtig nach verbranntem Gummi. Nach dem Flachstück am idyllischen Lago Antorno folgte der Gegenanstieg. Dieser war viel harmloser als auf der Abfahrt zuvor befürchtet und im Gegensatz zum Anstieg zu den drei Zinnen nicht mehr als eine Bodenwelle. Ich erreichte wieder den Lago di Misurina und stürzte mich in die Abfahrt. Diese war gut zu fahren. Ein passabler Straßenbelag und quasi keine Serpentinen. Ich ließ es locker angehen und trat auf der gegen Ende flacher werdenden Abfahrt nur locker und ohne Druck mit.

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Letzter Blick zurück Richtung Drei Zinnen auf der Abfahrt nach Toblach am Dürrensee.

Vier Kilometer vor Toblach gönnte ich mir im Schatten eines Baumes noch einmal eine kleine Pause. Kurz danach erreichte ich um kurz vor 15:00 Uhr nach 78 km, 2.000 hm und einer reinen Fahrtzeit von 4:41 h den Bahnhof in Toblach. Ich war früh genug da und versuchte erstmal noch, telefonisch irgendwo ein Zimmer Richtung Großglockner zu finden, was leider misslang. Dann musste ich mein Glück eben im Zug versuchen. Diesen verpasste ich fast noch, weil ich zu dusselig war, den Ticketautomaten zu bedienen und so mein Ticket online buchen musste. Ich konnte mir gerade noch was zu trinken kaufen, dann fuhr er auch schon ein. Im Zug hatte ich dann mehr Glück. Nach weiteren Telefonaten buchte ich mir ein Zimmer in der Frühstückspension Kahn in Großkirchheim. Eine Stunde später erreichte ich Lienz und konnte vom Zug direkt in den Bus umsteigen. Dieser sollte mich zunächst über den Iselsberg bringen. Im Bus erfuhr ich dann sogar, dass nach Winklern ein weiterer Bus Richtung Heiligenblut fahren würde. So ganz unrecht war es mir zu der Zeit dann auch nicht, dass ich heute gar nicht mehr aufs Rad steigen musste. So wartete ich in Winklern etwa 10 Minuten auf den nächsten Bus.


Auf der Fahrt nach Großkirchheim war ich dann froh, nicht gefahren zu sein. Die Fahrt zog sich trotz der nur 13 Kilometer ganz schön lange und war auch sehr wellig. Gut ausgeruht erreichte ich um 17:20 Uhr Großkirchheim. Für Zug und Busfahrt hatte ich 24 Euro bezahlt. Mein Zimmer war soweit ok, ich hatte weder WLAN noch TV, aber dafür einiges an Radkilometern für den nächsten Tag gespart und für 40 Euro sollte man auch nicht zu viel erwarten. Nach dem Duschen versuchte ich für den nächsten Tag abzuchecken, wie lange ich wohl über den Großglockner brauchen würde. Die Züge von Zell um See fuhren aber ohnehin nur im zwei Stundentakt. Daher buchte ich den Zug um 13:44 Uhr und sollte damit genug Zeit haben, auch noch die Edelweißspitze mitzunehmen. Abends ging es im Gasthof Post etwas essen ehe ich müde und zufrieden schlafen ging.

Übersicht


5. Tag (Hochtor, Edelweißspitze)


Ich hatte einigermaßen gut geschlafen und auch das Frühstück war in Ordnung. Ich durfte mir sogar ein kleines Lunchpaket mitnehmen. Das kam mir gerade recht denn viel essen wollte ich ohnehin nicht. Schließlich startete ich meine letzte Etappe direkt im Anstieg. Um kurz nach 8 Uhr saß ich bereits auf dem Rad. Laut meinem Profil hätte es eigentlich direkt steil losgehen sollen. Aber zu meiner Freude konnte ich mich auf etwa 6 fast flachen Kilometern erst mal einrollen und ordentlich warm fahren. Teilweise konnte ich sogar aufs große Blatt schalten. Verkehr war um diese Zeit quasi nicht vorhanden, dafür bereits eine tolle Aussicht. So stellt man sich einen Morgen in den Alpen vor. Nach dem Flachstück wurde es langsam steiler und bald schon gab es die ersten Rampen mit knapp 10 % Steigung zu meistern. Ich war überrascht dass ich selbst hier noch über 10 km/h treten konnte. Ich wollte mich zwar zu Beginn des Anstieges zurückhalten, aber solange ich noch flüssig treten konnte, tat ich das auch. Obwohl noch im Schatten der Berge fahrend, kam ich so schon gut ins Schwitzen. Bald schon erreichte ich Heiligenblut.

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Blick auf Heiligenblut und Richtung Großglockner auf dem Weg zum Hochtor.

Ich gönnte mir nochmal ne Kleinigkeit zu essen und setzte meine Fahrt fort. Es wurde jetzt noch einmal deutlich steiler. Für die nächsten 3,5 km waren im Schnitt 10% zu bewältigen. Dabei gab es auch längere Abschnitte mit 12 % und Spitzen bis 14%, auf kurze flachere Abschnitte zum Ausruhen hoffte man vergebens. Entschädigt wurde man dafür mit tollen Ausblicken. Obwohl es so früh am Morgen noch frisch war, kam ich jetzt ordentlich ins Schwitzen. Immer öfters fuhr ich jetzt auch in der Sonne. Dann erreichte ich die Mautstelle und durfte mich für 300 Meter ausruhen. Nach wie vor war ich hier fast alleine unterwegs. Sich den Iselsberg gespart zu haben, machte sich bereits jetzt bezahlt. Nach der Mautstelle zog die Steigung sofort wieder an. Wieder war ein längeres Stück mit 10 % Steigung zu absolvieren. Der Schweiß floss jetzt in Strömen. So langsam tat ich mich schwer und musste immer mal wieder in den Wiegetritt. Gotts sei Dank funktionierte das aber im Gegensatz zum Vortag problemlos.

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Blick zurück auf Heiligenblut und ins Tal Richtung Süden während der Fahrt zum Hochtor.

Dann tauchte vor mir das Kasereck auf. Ich bekam einen riesen Schreck. Ich hätte schwören können, dass das Kasereck nach dem Abzweig zum Großglockner kam. Dazu muss man sagen, dass ich schon vor sieben Jahren das Hochtor als Ziel hatte aber immer fleißig der Beschilderung Großglockner gefolgt war. Die Fahrt endete dann auch am Gletscher und nicht am Passübergang. Als ich jetzt das Kasereck erblickte war ich mir sicher wieder falsch gefahren zu sein. Ich öffnete google maps und bekam den nächsten Schock. Aus mir nicht ersichtlichen Gründen zeigte er mir eine falsche Position an, so dass sich mein Verdacht erhärtete, ich war schon wieder zu weit gefahren. Ich konnte doch unmöglich so dumm sein, den Kreisverkehr einfach zu übersehen. Ich verfluchte mich nach allen Regeln der Kunst, ehe sich google maps bequemte meine Position zu aktualisieren und ich merkte, dass ich auf dem richtigen Weg war. So ganz beruhigt war ich aber tatsächlich erst, als ich vom Kasereck aus hinab zum Kreisverkehr blicken konnte. Ich stärkte mich noch einmal kurz, rauschte hinab zum Kreisverkehr und betrat nun radfahrtechnisch Neuland. Kurz nach dem Kreisverkehr zog die Steigung direkt an und pendelte von nun an bis zum Gipfel ohne Ruhepause um die 10%. Über zwei lange Geraden erreichte ich die erste Serpentinengruppe. Zu dieser Zeit war die Aussicht nach oben noch begrenzt, dafür durfte ich schöne Blicke hinab zur Käserei und ins Tal genießen.

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Blick zurück auf die erste Serpentinengruppe kurz nach dem Kasereck während der Fahrt zum Hochtor.

Nach dem ersten Serpentinenstück folgten noch einmal zwei längere Geraden ehe die Straße ihre Richtung grundlegend nach Norden änderte. Zunächst war mir nicht klar, wo die Straße hinführen sollte, erst nach einer Weile erkannt ich am Gegenhang Autos fahren, die Passhöhe selbst war aber noch durch einen Hügel verdeckt. Ich spürte jetzt deutlich die zurückgelegten Höhenmeter und hatte langsam auch mächtig Hunger. Da ich keine Riegel mehr hatte und eine längere Pause erst oben einlegen wollte, fing ich an meinen Nussvorrat zu plündern. Der Schweiß Floss nun auch in Strömen. Gott sei Dank war der Verkehr nach wie vor überschaubar, so konnte man die Quälerei einigermaßen genießen. Die Steigung zog jetzt jedenfalls gefühlt noch einmal deutlich an. Ich war um jeden Fotostopp den ich einlegen konnte froh, und davon gab es ob der tollen Landschaft etliche. Ich merkte auch dass ich mich langsam aber sicher in einen Hungerast fuhr, aber wie immer in solchen Situationen blieb ich stur bei meinem Plan erst auf der Passhöhe ausgiebig zu essen. Nach einer weiteren kleinen Richtungsänderung erreichte ich den Berggasthof Wallackhaus und erblickte endlich weit über mir das Tunnelportal. Ich machte noch mal eine kurze Pause, aß wieder Nüsse und kämpfte mich weiter. Ich tat mich jetzt unglaublich schwer. Sobald ich versuchte ein wenig flüssiger und damit schneller zu treten, musste ich postwendend rausnehmen. Bis kurz vor dem Ende war ich mir nicht sicher, ob ich nicht doch vom Rad steigen und eine richtige Pause einlegen müsste.

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Beim Berggasthof Wallackhaus kommt endlich das Scheiteltunnel und damit die Passhöhe des Hochtor in Sicht.

Das letzte Stück war dann aber wie so oft doch schneller überwunden als gedacht, und so erreichte ich bald die letzte Serpentine vor dem Tunnel. Auf den letzten 100 Metern wurde mir dann schlagartig bewusst, dass hier nicht nur der lange Weg zum Hochtor sondern ein noch viel längerer Weg sein Ende finden würde. Vor etlichen Jahren hatte ich auf der Suche nach neuen Zielen festgestellt, dass ich schon einen Großteil der Pässe über 2.000 m Höhe gefahren war. Somit wurde das Ziel festgelegt, die Liste zu vollenden. Die Urlaube wurden entsprechend geplant und versucht in den Zielgebieten alles mitzunehmen, was Rang und Namen hat. Dies klappte freilich nicht immer wie gewünscht, so dass sich die Jagd verzögerte und immer mal wieder neu geplant werden musste. Jetzt war sie also vollendet. Ich konnte es irgendwie kaum fassen, es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl und schwer in Worte zu fassen. Ich ließ die letzten Jahre nochmal Revue passieren, was ich alles erlebt und geschafft hatte und wo ich gescheitert war. Dann erreichte ich das Hochtor. Die Aussicht war phantastisch und ich erklärte die Passhöhe zum würdigen Abschluss meines Urlaubes. Ein Berg, der dir nichts schenkt aber dafür mit einem tollen Panorama aufwarten kann.

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Blick von der Passhöhe des Hochtor auf die letzten Serpentinen und das Wallackhaus.

Während der Fahrt hatte ich immer mal wieder damit geliebäugelt, ob ich nicht doch sogar einen früheren Zug nehmen könnte. Mittlerweile war klar, dass dies utopisch war. Ich wollte jetzt auf keinen Fall hetzen. Also setzte ich mich auf eine Bank und macht ganz in Ruhe ausgiebig Brotzeit. Schließlich setzte ich meine Fahrt durch das 150m lange Tunnel fort, das problemlos auch ohne Licht befahren werden konnte. Raus aus dem Tunnel blickte ich auf das nächste wunderbare Panorama mit schneebedeckten Bergen. Allerdings sah ich auch, dass in weiter Ferne noch ein Gegenanstieg zu meistern war, was mir gar nicht mehr bewusst war. Und dahinter türmte sich schier uneinnehmbar die Edelweißspitze auf. Von hier aus der Ferne sah sie furchteinflößend aus und erinnerte mich sofort an Le Janus in Frankreich.

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Blick hinab zum Fuscher Lacke, dem Gegenanstieg zum Fuscher Törl und dahinter die imposante Edelweißspitze.

Plötzlich machte ich mir Sorgen, ob ich das zeitlich überhaupt noch schaffen würde. „OK“ dachte ich mir, „dann klotzen wir jetzt eben noch mal ran!“. Ich stürzte mich in die kurze Abfahrt und das folgende Flachstück und jagte am Gegenanstieg meinen Puls ordentlich hoch. Ich wollte auf jeden Fall genug Zeit haben, um die Edelweißspitze noch mitzunehmen. Ziemlich ausgepumpt und keinen Meter zu früh erreichte ich das Fuscher Törl. Ich versuchte wie bei den drei Zinnen irgendwo mein Gepäck zu deponieren was aber nicht gelang. Folglich musste es eben mit. Zur Edelweißspitze sind es zwar nur 1,7 km. Diese sind aber mit 10% Steigung und Kopfsteinpflaster garniert. Außerdem hatte ich bis dahin schon über 1.600 hm in den Beinen. Ich war daher froh, dass mich das geile Panorama förmlich dazu zwang, immer mal wieder kurze Fotostopps einzulegen. Außerdem halfen die vielen Serpentinen. Ziemlich fertig kam ich schließlich oben an. Vom Hochtor bis hier hoch hatte ich eine halbe Stunde gebraucht und war damit deutlich schneller als ich es vom Hochtor abgeschätzt hatte. Es war ganz schön was los, was aber auch nicht verwundert, weil die Aussicht einfach toll war.

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Auf den ersten Metern zur Edelweißspitze, der Blick zurück zum Fuscher Lacke und im Hintergrund der Tunnelausgang am Hochtor.

Ich stieg noch auf den Turm, aß eine Kleinigkeit und machte mich auf den Rückweg. Bei der Abfahrt war dann natürlich Dauerbremsen angesagt, aber letztlich ging es besser als befürchtet. Um ziemlich genau 12:00 Uhr und damit auf die Minute nach Plan erreichte ich wieder das Fuscher Törl. Die folgende Abfahrt war ein einziger Traum und fast mit nichts zu vergleichen, was ich bisher gefahren war. Ein einzigartiges Panorama mit schneebedeckten Bergen zum Greifen nah. Dazu ein schöner Mix aus Serpentinen und langen Geraden in denen man es prima laufen lassen konnte. Vor allem gegen Ende hieß es nur noch Highspeed pur. Das Beste war aber, Verkehr war quasi nicht vorhanden. In der ersten halben Stunde der Abfahrt bis kurz vor Fusch überholte mich ein Motorrad und ein Auto und ich fuhr einmal kurzfristig auf ein Auto auf. Ansonsten hatte ich die Straße für mich alleine. So konnte ich es mir trotz der hohen Geschwindigkeit immer mal wieder erlauben, die Blicke schweifen zu lassen.

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Berge zum Greifen nah, auf der Abfahrt vom Grossglockner Richtung Zell am See.

Ab Fusch war dann leider leichtes mittreten angesagt. Später wechselte ich auf den Radweg und in Bruck machte ich noch mal eine Pause und aß mein letztes Stück Kuchen. Das letzte Stück bis Zell zog sich dann etwas und ich musste immer mal wieder auf die Karte schauen. Schließlich landete ich auf einem Radweg der wunderbar schnurgerade Richtung Zell führte und plötzlich im Nichts endete. Ich hatte keine Lust wieder zurückzufahren zumal ich 100 Meter vor mir schon die ersten Häuser sah. Da dorthin außerdem ein Trampelpfad durch die Wiese führte, folgte ich diesem einfach. Ich erreichte die Häuser aber leider keine Straße. Vielmehr fand ich mich plötzlich von Bäumen umgeben und fuhr durch eine Brennnessel-Ansammlung. Urplötzlich tauchten vor mir dann mehrere gespannte Drahtseile auf. Ich sah mich schon vor dem geistigen Auge über den Lenker absteigen. Das wäre jetzt die Krönung gewesen. Nach 5 Tagen in den Alpen lege ich mich ein paar Kilometer vor dem Bahnhof auf die Schnauze. Glücklicherweise war ich langsam unterwegs und kam so gerade noch rechtzeitig zum Stehen und aus den Klickpedalen. Jetzt hatte ich aber die Schnauze voll. Ich stieg über einen Zaun, schob mein Rad durch einen Garten und landete schließlich auf einer kleinen Straße und erreichte eine gefühlte Ewigkeit später um 13:20 Uhr den Zeller See und damit auch den Bahnhof. Für meinen letzten Tag standen 68 km, 1.840 Höhenmeter und eine reine Fahrtzeit von 3:51 h zu Buche. Dummerweise waren die Toiletten wegen Umbauarbeiten gesperrt und so musste ich mich auf einem Dixie-Klo umziehen und frischmachen was mehr schlecht als recht gelang. Kurze Zeit später saß ich im Zug und 3 ¾ Stunden später war ich wieder in Bludenz. Ich konnte gerade noch den örtlichen Supermarkt plündern bevor dieser schloss und machte mich auf anschließend auf die Heimreise.


Fazit:

Ein schöner wenn auch zu kurzer Urlaub, aber mehr war einfach nicht drin. Letztlich musste ich froh sein, dass ich coronabedingt und aufgrund meiner miserablen Form überhaupt ein paar Tage in den Alpen verbringen durfte. Schön war vor allem, dass der Urlaub von Tag zu Tag besser wurde. Auf den ersten komplett verregneten Tag auf der Silvretta hätte ich zwar auch verzichten können, aber dafür entschädigten die letzten drei Tage für jeden einzelnen Regentropfen. Den Umstieg aufs Rennrad habe ich auch nicht bereut. Zwar weiß ich jetzt schon, dass es nächstes Jahr wieder mit dem Mountainbike in die Westalpen geht. Aber zwischendrin mal wieder auf Asphalt zu fahren, hat trotzdem jede Menge Spaß gemacht. Die Mischung macht es eben aus. Last but not least habe ich meine Liste vollendet. Auch wenn ich mittlerweile weiß, dass es mit der Moosalp in der Schweiz noch einen 2.000 Alpenpass gibt den ich nicht kannte. Außerdem haben die Franzosen im Trois Vallee bereits begonnen, drei Pässe nur für Radler zu asphaltieren. Somit ist meine Liste zwar abgearbeitet aber auf der anderen Seite wieder gewachsen. Ich für meinen Teil habe beschlossen, dass meine Jagd vorerst trotzdem endet und ich mich wieder neuen Projekten widme. Da ich seit kurzem Mountainbike fahre, ist die Liste der möglichen Ziele schließlich ins schier unendliche gewachsen.


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