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Rundtour Schweiz - Italien von Andermatt zum Stilfser Joch und zurück vom 19.07.14 - 25.07.14

    Tag1 (Furkapass, Grimselpass, Oberaar)

    Tag2 (Simplonpass)

    Tag3 (Passo San Bernardino)

    Tag4 (Splügenpass, Malojapass)

    Tag5 (Malojapass, Julierpass, Albulapass)

    Tag6 (Albulapass, Berninapass, Forcola di Livigno, Passo d'Eira, Passo di Foscagno)

    Tag7 (Stilfser Joch, Umbrailpass, Ofenpass, Ova Spin)

    Tag8 (Klausenpass)


1. Tag (Furkapass, Grimselpass, Oberaar)


Endlich war es wieder soweit, es war Sommer und damit Zeit für eine Tour durch die Alpen. Auf dem Plan stand diesmal eine Tour durch die Schweiz und Italien. Dabei sollten alle mir noch fehlenden 2.000er Alpenpässe in dieser Gegend beradelt werden. Als Ausgangspunkt wählte ich Andermatt. Früh morgens um 4:30 Uhr klingelte mein Wecker und eine gute halbe Stunde später saß ich im Auto. Bis kurz vor dem Gotthard-Tunnel lief es hervorragend. Dort stand ich aber 1,5 Stunden im Stau. Hätte ich mal vorher die Karte besser studiert, hätte ich gewusst, dass ich die Autobahn schon früher hätte verlassen können. Ich erreichte aber schließlich doch noch am Vormittag Andermatt und stellte mein Auto auf dem kostenlosen 24h Parkplatz am Ortseingang von Andermatt ab. Für den ersten Tag hatte ich mir eine Tour über den Furka und Grimselpass mit einem Abstecher zum Oberaarsee vorgenommen. Dort war ich 2007 schon einmal gewesen und von der Aussicht so fasziniert, dass ich mir fest vorgenommen hatte, eines Tages wiederzukommen. Heute war es also so weit.


Bei hochsommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein startete ich um 10:15 Uhr meine erste Tour. Zunächst ging es leicht ansteigend dafür mit nettem Gegenwind und einigem Verkehr nach Hospental. Nachdem Abzweig der Strasse zum Gotthard ließ beides glücklicherweise nach. Ich fand danach schnell einen guten Tritt und erreichte rasch Realp. Hier folgte das erste steile Teilstück des Furkapasses. Mit mehr als 8% im Schnitt ging es über 6 km dem Gipfel entgegen. Allerdings wurde einem der Aufstieg durch etliche Serpentinen versüßt. Außerdem half mir hier sogar der heftig wehende Wind ein wenig. Auf den einen Geraden freute ich mich über Rückenwind. Kam er von vorne hatte ich eine nette Zusatzkühlung. Denn bereits hier wurde mir mächtig heiß. Trotzdem kam ich gut voran und überholte sogar gelegentlich andere Radler. Immer wieder durfte ich dabei auch schöne Blicke zurück ins Tal genießen. Wäre ich schlecht vorbereitet gewesen, hätte ich von hier unten wohl schon geglaubt, die Passhöhe zu sehen. So war mir aber klar, dass am Ende der Serpentinen lediglich das Hotel Galenstock erreicht wurde.

Anstieg Furka.jpg
Blick zurück ins Tal Richtung Andermatt während des Anstieges zum Furkapass

Dafür durfte ich mich ab hier ein wenig ausruhen, die Steigung ging nach den Serpentinen für die nächsten 2 km auf 6% zurück. Die Strasse zog sich in diesem Bereich schier endlos in einem weiten Bogen den Hang entlang nach oben. Dabei war schon von weitem die tatsächliche Passhöhe zu erkennen, während links unten im Tal die Furkabahn bewundert werden konnte. An den schönen Blicken zurück ins sich immer weiter entfernende Tal konnte man aber immerhin erkennen, dass man auf der Strasse gut vorankam. Mit dem Ausruhen war es dann aber schnell wieder vorbei. Kurz vor dem Überqueren des Sidelenbachs mussten zweistellige Prozentwerte überwunden werden. Es war zwar nur ein kurzes Stück, aber hier floss der Schweiß in Strömen. Die Steigung ließ zwar auf den nächsten 2,5 km etwas nach, trotzdem war in diesem Bereich noch einmal richtig Arbeiten angesagt. Nach ca. 1,5 h erreichte ich die letzte Serpentinengruppe und das Hotel Furkablick. Bis zur eigentlichen Passhöhe durfte ich dann für fast einen Kilometer auf flachem Terrain endlich die Beine hochnehmen. Oben durfte ich das berühmte Panorama erblicken. Vor mir die Kehren hinab nach Gletsch, am Gegenhang die Serpentinen zum Grimselpass mit dem Totensee dahinter und im Hintergrund der mächtige Finsteraarhorn.

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Blick vom Furkapass auf die Kehren zum Grimselpass, den Totensee und den Finsteraarhorn im Hintergrund

Eigentlich wollte ich hier oben eine kleine Pause einlegen, aber der Weg zum Grimsel erschien von hier so nah, dass ich beschloss, den Pass noch mitzunehmen. Entgegen meiner üblichen Praxis warf ich dieses Mal keinen Blick auf das Profil des Anstieges. Ich musste ja einfach nur diese von hier aus schon zu sehenden sieben Serpentinen erklimmen. Das konnte nicht so schwer sein. Zunächst aber stürzte ich mich in die Abfahrt des Furkapasses. Beim berühmten Hotel Belvedere waren einige Serpentinen zu meistern. Danach folgte eine lange Gerade, ehe ich durch weitere Serpentinen rechtzeitig vor Gletsch wieder herunter gebremst wurde. Der Anstieg zum Grimsel war dann trotz seiner 8% im Schnitt gut zu fahren. Die Steigung war sehr gleichmäßig und die vielen Serpentinen halfen mir dabei, die Anstrengungen zu vergessen. Allerdings musste ich eine heikle Situation überstehen. Ein entgegenkommender PKW überholte und da ich nur starr auf mein Vorderrad blickte, sah ich ihn im letzten Moment auf meiner Spur heranbrausen. Nicht auszudenken, ich wäre in diesem Moment in den Wiegetritt und hätte ein wenig ausgeschert.


So erreichte ich aber nach fünf steilen Kilometern den Totensee und rollte für die letzten 1000 Meter flach am See entlang zur Passhöhe. Mittlerweile hatte ich natürlich Hunger, hier oben bei dem Trubel wollte ich aber auch keine Pause machen. Also entschloss ich mich, mir auf dem Weg zum Oberaarsee ein nettes Plätzchen zu suchen. Die enge, unübersichtliche Strasse ist als Einbahnstrasse gekennzeichnet. Eine Ampel gibt im Wechsel alle halbe Stunde für 15 Minuten die Fahrt frei. Als Radfahrer muss man sich daran natürlich nicht halten. Man sollte aber die Zeiten im Kopf haben, damit man weiß, wann mit Gegenverkehr gerechnet werden muss. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die Autofahrer nicht unbedingt mit einem entgegenkommenden Radfahrer rechnen. Nichts desto trotzt kann ich jedem der hier oben ist nur empfehlen, die Strasse zu befahren. Nach fast 10 Jahren Alpentouren und mittlerweile ca. 80 Alpenpässen gibt es für mich kaum einen schöneren Ort in den Alpen, wie diese kleine unscheinbare Stichstrasse zum Oberaargletscher. Ich fuhr nur ein kurzes Stück und fand dann den idealen Platz. Rechts der Strasse war ein großer Fels der mir Schatten spendete und links davon eine fast ebene Steinfläche. Von diesem natürlichen Steinbalkon aus hatte man eine phantastische Aussicht auf den fjordartigen Grimselsee.


Aussicht Oberaar.jpg
Der Autor auf dem Steinbalkon während des Anstieges zum Oberaargletscher, im Hintergrund Grimsel.- und Räterichsbodensee

Ich machte eine längere Pause, aß etwas und genoss die Aussicht. Die Weiterfahrt war dann länger als gedacht. Immer wieder wähnte ich mich oben, aber die Strasse schlängelte sich immer weiter scheinbar ins Nichts. Zudem war der Anstieg sehr unrhythmisch zu fahren und kostete mich so einige Körner. Ich war daher froh den Kumulationspunkt zu erreichen. Ich verzichtete auch auf die Fahrt hinab bis zum Gletschersee und begnügte mich mit der Aussicht auf diesen. Ich kehrte um und machte kurz vor der Grimselpasshöhe noch einmal eine kurze Pause. Ein letztes Mal genoss ich die grandiose Aussicht. Dann ging es zurück zur Passhöhe. Ich kaufte mir schnell frisches Wasser und ab ging es Richtung Furkapass.

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Blick vom Grimselpass auf die Serpentinen nach Gletsch und den Anstieg zum Furkapass

Auf der Abfahrt nach Gletsch durfte ich schon mal einen Blick auf den imposanten Steilhang am Hotel Belvedere werfen, der mir in kurzer Zeit blühen würde. Ich brauchte zunächst eine Weile, bis ich einen guten Tritt fand, kam aber auf den ersten gut 6% steilen Kilometern gut voran. Nach 5 km begannen dann die Serpentinen zum Hotel Belvedere. Richtig steil wurde es aber erst einen Kilometer später. Mit über 8% im Schnitt kämpfte ich mich in der heißen Nachmittagssonne Meter um Meter voran. Ich war froh, als ich endlich das Hotel Belvedere erreichte. Gott sei Dank war ich von meinen ursprünglichen Plan abgewichen, die Runde Susten, Grimsel, Furka komplett zu fahren. Ich musste unweigerlich an 2007 denken, als ich zusammen mit Patrick noch mit meinem Crossbike diese Runde gefahren war. Am Furka verlor ich damals fast 20 Minuten auf ihn und war böse eingebrochen. Das wunderte mich jetzt aber nicht mehr. Der Pass war in der Tat nicht so einfach zu fahren. Nach dem Hotel am Rhonegletscher, von dem scheinbar jedes Jahr weniger zu sehen ist, hielt sich die Steigung noch einen Kilometer im hohen Bereich. Dann endlich wurde es flacher und ich erreichte die Passhöhe des Furkas zum zweiten Mal an diesem Tag. Auf der Abfahrt hing ich leider hinter einigen Autos fest. Insgesamt war ich aber positiv überrascht, wie wenig Verkehr auf der ganzen Strecke herrschte. Wenig ist vielleicht übertrieben. Aber für Schweizer Verhältnisse und gerade auf diesen bekannten Pässen muss man eben mit einem erhöhten Aufkommen rechnen. Auf dem fast flachen Stück Richtung Andermatt bremste mich dann noch leichter Gegenwind. Trotzdem kam ich pünktlich nach 85 km, 2.290 hm und einer Nettofahrtzeit von 4:21 h um 15:10 Uhr an. Ich kaufte noch etwas zu trinken, holte mein restliches Gepäck für die nächsten Tage aus dem Auto und nahm den Zug um 15:37 Uhr nach Fiesch.


Der war dann leider alles andere als toll. Insgesamt viermal blieb er auf offener Strecke stehen. Das erste Mal wohl auf Grund eines technischen Defekts, die anderen drei Mal, weil er erst Gegenverkehr passieren lassen musste. Außerdem hörte ich die Durchsagen im Fahrradabteil nicht und wusste so nie, wann ich aussteigen musste. 20 Minuten später als geplant erreichte ich schon leicht genervt endlich Fiesch. Meine Laune wurde aber keineswegs besser. Erstens begrüßte mich hier leichter Nieselregen und zweitens fuhr ich bei der Suche nach meinem Hotel in ein Schlagloch und fing mir auf den letzten 100 Metern noch einen Platten ein. Im Hotel Derby, wo ich für 82 CHF ein Zimmer vorgebucht hatte, duschte ich dann rasch, wusch die Sachen und machte mich auf die Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit. Dies gestaltete sich schwieriger als gedacht. Nachdem ich nach langer Suche eine Tankstelle fand, durfte ich feststellen, dass auch diese schon geschlossen hatte. Schließlich kaufte ich mir in einem Bistro ein Focaccia und einen Liter Wasser für stolze 13 Euro. Zurück im Hotel stellte ich dann fest, dass ich meinen Reifen nicht flicken konnte, er war auf mehreren Zentimetern Länge wohl geplatzt. Natürlich hatte ich einen Ersatzschlauch dabei, aber einen weiteren Platten konnte ich mir in nächster Zeit dann nicht leisten. Abends gab es noch Lasagne und einen Salat in einer nahen Pizzeria für 25 Euro. Bevor ich mich dann müde ins Bett legte, stellte ich noch fest, dass ich mir trotz Nachcremens wohl Sonnenbrand auf der Nase geholt hatte. Trotz allem war es ein schöner Start in meine Tour gewesen.

Übersicht


2. Tag (Simplonpass)


Ich hatte ganz passabel geschlafen, war aber trotzdem schon um kurz nach 7:30 Uhr beim Frühstück. Dieses bestand aus einem guten kleinen Buffet, das eigentlich alles bot, was ich brauchte. Danach musste ich feststellen, dass meine Kontaktlinsen im Eimer waren. Ich musste also in nächste Zeit mit Brille fahren, was mir nicht gerade Freudentränen in die Augen trieb. Um 8:35 Uhr war ich auf dem Rad und bereit für meine zweite Etappe. Glücklicherweise regnete es nicht mehr und so konnte ich den Tag zumindest trocken beginnen. Nach einem kurzen Anstieg folgte eine schöne leicht abfallende Strasse nach Brig. Das war genau richtig um nach dem Frühstück durch ein wenig Mittreten warm zu werden, ohne aber den Magen zu sehr zu belasten. Kurz vor Brig fand ich noch einen Laden und kaufte Wasser und ein belegtes Baguette.


Ich fand auf Anhieb den richtigen Weg zur alten Simplonstrasse. Es gibt darauf aber einige Abzweigungen ohne Kennzeichnung. Neben der normalen aber viel befahrenen Bundesstrasse gibt es die Möglichkeit über die Serpentinen bei Brig zu fahren. Diese sind aber sehr steil und werden wohl auch von Motorradfahrern gerne genutzt. Ich entschied mich daher für die zweite Variante. Über die Napoleonstrasse, Neue Simplonstrasse, Lingwurmstrasse, Gewerbestrasse und Simplonstrasse ging es quasi parallel zur Bundesstrasse bis zur Haltestelle Rieg-Brig Mürini. Bereits hier verabschiedete ich mich von meinem Funktionsshirt. Es war zwar stark bewölkt aber hier im Tal trotzdem sehr warm. An der Haltestelle hält man sich links Richtung Bundesstrasse und biegt direkt davor auf einen asphaltierten Weg rechts ab.


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Blick zurück nach Brig während des Anstieges zum Simplonpass über die alte Napoleonroute

Der Weg folgt der Bundesstrasse ein Stück, ehe er in einer Rechtsserpentine unter ihr durchführt und danach links von ihr weiter verläuft. An der nächsten Gabelung geradeaus (rechts) halten unter der Bundesstrasse durch, dann links halten und wieder auf die linke Seite der Bundesstrasse wechseln. Kurz danach kommt die nächste Weggabelung. Hier fährt man scharf links und über eine Rechtsserpentine gewinnt man einige Höhenmeter gegenüber der Bundesstrasse. Nach einer Weile überquert man die Bundesstrasse erneut und es geht rechts von ihr weiter. Kurz danach erreicht man die Baustelle am Schallbergtunnel. Dort biegt man scharf links ab nach oben und fährt nach einer Rechtsserpentine wieder links der Bundesstrasse weiter, zeitweise wirklich direkt daneben. Nach einer Weile geht es unter der Bundesstrasse durch wieder auf die andere Seite. Kurz danach wechselt man erneut direkt an der Ganterbrücke die Seite. In einer Rechtskurve schließlich erreicht man die alte Ganterbrücke von der man eine tolle Sicht auf ihren Nachfolger hat. Wenige Meter danach mündet die Strasse in einer Linksserpentine auf die Bundesstrasse. Von dort sind es noch gut 9 km bis zur Passhöhe.


Ich weiß nicht, ob ich diesen Weg von alleine gefunden hätte. Einmal hatte ich Glück, dass ich zwei Wanderer fragen konnte. Und kurz danach fuhr ich auf einen Mountainbiker auf, der mit mir bis zur alten Ganterbrücke fuhr. Auf der quasi unbefahrenen Strasse ging es öfters mal rauf und runter und wir sammelten so einige zusätzliche Höhenmeter. Bis auf eine kleine Baustelle war sie aber super und sicher schöner zu fahren, als auf der Bundesstrasse. Leider war der Himmel Wolkenverhangen. Auf schöne Aussichten musste ich daher verzichten.


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Blick auf die neue Ganterbrücke während des Anstieges zum Simplonpass über die alte Napoleonroute

Als wir die Ganterbrücke erreicht hatten, hatte es bereits angefangen zu nieseln und mein Begleiter trennte sich von mir und fuhr die Strecke wieder zurück. Für mich ging der Weg nun auf der Bundesstrasse weiter. Hier war an diesem Sonntag aber auch eher wenig Verkehr. Durch einige Baustellen mit Ampelregelung kam dieser auch immer schubweise, so dass man die Strasse immer mal wieder für einige Minuten für sich hatte. Da auch die Steigung nie hohe Werte erreichte, kam ich gut voran. Nur eine Baustelle schaffte ich bergauf nicht in der Grünphase und musste so erstmal den Gegenverkehr passieren lassen. Nachdem es zwischenzeitlich mal wieder aufgehört hatte zu regnen, empfing mich oben auf der Passhöhe wieder leichter Regen und kräftiger Wind. Ich wählte für die Abfahrt daher das lange Funktionshirt + Langarmtrikot, Regenjacke und Überziehschuhe. Trotzdem war mir oben ziemlich kalt. Ich kaufte frisches Wasser und aß ein Teil meines Baguettes. Dann stürzte ich mich in die Abfahrt. Durch die nasse Kälte begann ich schnell zu frieren und das leichte Zittern übertrug sich unweigerlich auf mein Rad. In Kombination mit der nassen Strasse und meinem abgefahrenen, schlecht aufgepumpten Hinterreifen waren das schlechte Voraussetzungen für eine fast 40 km lange Abfahrt. Folgerichtig hielt ich zwischendrin mal kurz an und wärmte mich durch heftiges Armkreisen etwas auf. Mit jedem Meter Höhenverlust wurde es aber besser weil wärmer.


Ansonsten dürfte die Abfahrt bei idealen äußeren Bedingungen sehr viel Spaß machen. Wenig Serpentinen, ein guter Straßenbelag und wenn man denn die Zeit hat, eine beeindruckende Schlucht als Begleitung. Leider war es auch hier sehr Wolkenverhangen und ich konnte nicht wirklich viel von der Bergwelt um mich herum wahrnehmen. Auf der Abfahrt waren auch etliche Tunnels zu durchqueren. Ausnahmsweise kamen mir die aber gerade recht. Einige Meter im Trockenen und meist deutlich wärmer zu fahren, war eine willkommene Abwechslung. Kurz vor dem Tal wechselte ich wieder auf die kurze Klamottenvariante und fuhr diese auf den letzten Metern der Abfahrt rasch wieder trocken. Ich fand in Crevoladossala gut den Weg Richtung Malesco und befand mich kurz danach im Anstieg nach Druogno.

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Blick in Richtung Druogno während der Fahrt von Domodossala Richtung Lago Maggiore

Der Anstieg war einigermaßen gut zu fahren, allerdings setzte mir hier unten im Tal die Wärme schon wieder gut zu. Mittlerweile hatte ich auch wieder Hunger, entschied mich aber, erst noch ein Stück zu fahren. Dies erwies sich als gute Entscheidung. Es folgte nämlich ein 1,4 km langer, 9% steiler Tunnel. Ich hatte darin ein ganz ungutes Gefühl. Zum einen die Anstrengung und die schlechte Luft. Zum anderen der ohrenbetäubende Lärm, der sich schon einstellte, wenn ein Fahrzeug sich auf hundert Meter näherte und die dadurch ständig präsente Angst "der wird mich doch nicht übersehen". Das alles war schon so schwer genug zu ertragen, mit vollem Magen wäre es sicher nicht besser gewesen. Nach dem Tunnel blieb es zunächst steil, ich machte aber trotzdem sofort danach eine kurze Pause und aß etwas. Kurze Zeit später wurde es aber deutlich flacher und so erreichte ich bald Druogno und kurz danach auch nach 93 km, 2.200 hm und einer reinen Fahrtzeit von 4:20 h um 14:10 Uhr Santa Maria Maggiore. In der Fußgängerzone versuchte ich irgendwas Essbares für später zu kaufen, fand aber letztlich nur Wasser. Dann begann die Suche nach meiner Unterkunft. Ich hatte im Vorfeld bereits ein Bed and Breakfast für 70 Euro gebucht und mir den Weg dorthin notiert. Bis zu einem Supermarkt an einem Kreisverkehr klappte das auch gut. Auf meiner Wegbeschreibung stand dann nach 90 Meter auf der linken Seite. Dort konnte ich aber nichts finden. Also rief ich dort an. Dumm nur dass ich kein italienisch konnte und die Frau am anderen Ende der Leitung nicht wirklich englisch.


Ich mache es kurz, nach einem zweiten Anruf, mehrmaligem Nachfragen im Ort und fast 45 Minuten später fand ich endlich das Bed and Breakfast Vigezzo. Kaum war ich dort, viel mir auch ein, was ich falsch gemacht hatte. Ich hatte in google-maps extra noch die Entfernung gemessen und war auf 900 Meter gekommen. Irgendwo hatte ich dann aber eine 0 unterschlagen und daher an der komplett falschen Stelle gesucht. Hinterher bin ich dann auch auf die Idee gekommen einfach mein Smartphone zu benutzen. Aber nachdem ich die Geräte jahrelang verteufelt habe und erst vor kurzem auch Besitzer eines geworden bin, scheine ich in der digitalen Welt noch nicht angekommen zu sein. Dafür war das Vigezzo aber wirklich nett. Ich hatte eine nette Gastgeberin, ein kleines Zimmer und da auf meinem Stockwerk sonst niemand war auch ein großes Badezimmer für mich alleine. Nach dem Duschen ging es erst einmal in ein nahegelegenes Bistro. Erst danach widmete ich mich der Klamottenpflege und schaute zu, wie Jack Bauer auf der 15. Etappe der Tour 50 Meter vor dem Ziel vom rasenden Feld eingeholt wurde. Nach einem kurzen Schläfchen putzte ich die Kette, wechselte die Bremsbeläge und gönnte mir in der Pizzeria La Stalla 100 Meter weiter eine ganz gute Pizza und einen Salat für 15 Euro. Hier hatte ich dann ausnahmsweise mal mit dem Wetter Glück. Denn es regnete eigentlich den ganzen Tag über immer mal wieder aber glücklicherweise nie, wenn ich zu Fuß unterwegs war.

Übersicht


3. Tag (Passo San Bernardino)


Ich schlief in der Nacht wie meistens eher schlecht. Draußen hatte in der Nacht ein heftiges Gewitter getobt. Ich genoss zunächst ein liebevoll hergerichtetes Frühstück mit einem warmen Schinken-Käse-Sandwich, etwas Müsli, Brot und Marmelade, einem Joghurt und Kaffee. Das Wetter sah nach dem Gewitter wie erhofft ganz gut aus. So startete ich frohen Mutes um 8:35 Uhr zur dritten Etappe. Erstmal ging es aber in den Ort zurück, Geld holen und einkaufen. Im Supermarkt fand ich endlich mal Wiener Würstchen, meine Leibspeise auf der letzten Tour in Österreich/Italien. Dann ging es bergab Richtung Lago Maggiore. Der Straßenbelag war hier sehr schlecht und da die Strasse noch nass war, erkannte man Schlaglöcher nur schlecht. Ich musste also aufpassen. Schließlich hatte ich immer noch keinen Ersatzschlauch. Nach dem Grenzübergang wurde es aber schlagartig besser. Die Schweizer haben einfach mehr Geld für den Straßenverkehr. Das war aber auch das Einzige was sich änderte. Ansonsten kam man sich hier immer noch vor wie in Italien. Immer wieder durchquerte ich kleine Dörfer mit uralten Häusern. Die Strasse war teilweise kühn in den Hang geschlagen, begleitet wurde man vom Fluss Melezza.

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Blick auf den Lago di Palagnedra kurz vor dem Lago Maggiore

Schließlich erreichte ich Locarno. Wie befürchtet fand ich keine radtaugliche Strasse nach Bellinzona und wurde immer Richtung Autobahn geleitet. Nach zweimaligem Nachfragen entdeckte ich schließlich einen Radweg. Ich war mir nicht sicher ob ich ihm folgen sollte. Einerseits würde er mich wohl ans Ziel führen, andererseits war das sicher nicht die kürzeste Route und ob die Radwege immer asphaltiert sind, weiß man ja auch nie. Da ich vom Suchen aber die Schnauze voll hatte, folgte ich ihm erstmal. Wie erwartet war er ziemlich verwinkelt, führte mich aber immerhin direkt an den Lago Maggiore. Das Panorama war aufgrund der tief hängenden Wolken aber leider nicht so schön. Irgendwann verlor ich den Radweg ganz, fand aber schnell die richtige Strasse wieder. Das nächste Schild nach Bellinzona zeigte denn auch, dass die Route über die Strasse um einiges kürzer war. Ohne weitere Umwege erreichte ich so Bellinzona. Dort erblickte ich sogar einen Specialiced-Laden. Leider hatte er montags geschlossen. Also gab es wieder keinen Ersatzschlauch für mich. In Bellinzona war ich mir dann lange nicht sicher, ob ich richtig war, weil immer wieder die Autobahn zum Passo San Bernardino ausgeschildert war. Ich landete aber schließlich doch auf der Bundesstrasse.


Der Pass ist zu Beginn nicht wirklich ein Pass, führt die Strasse doch fast flach ins Tal hinein. Bevor es richtig zur Sache ging, machte in San Vittore noch mal eine kleine Pause und gönnte mir endlich etwas zu essen. Hier spielte einem die Optik wieder einmal böse Streiche. Die Strasse sah eigentlich eher leicht abfallend aus. Die gefahrene Geschwindigkeit belehrte mich aber eines Besseren, es ging leicht bergauf. Immer wieder wurden kleine alte Dörfer passiert, was für willkommene Abwechslung sorgte. Trotzdem traf ich unterwegs kaum Jemanden. Nach Lostallo war aber auch mit den Dörfern für längere Zeit Schluss. Mittlerweile nieselte es schon wieder leicht und auch mein Magen meldete Appetit. Wie immer wollte ich aber einen trockenen Platz und so fuhr ich weiter, bis ich unter einer Autobahnbrücke kurz vor Soazza ein geeignetes Plätzchen fand. Kurz danach wurde es dann nach Messoco hoch erstmals steil. Immerhin war hier aber so gut wie gar kein Verkehr. Mich passierte vielleicht alle 5 Minuten mal ein Auto. Nach Messoco folgten die ersten Serpentinen und ließen die Steigung kurzzeitig vergessen. Ein Moped-Fahrer überholte mich und fragte, ob dies der Weg zum Bernardino sei. Scheinbar war er ob des wenigen Verkehrs misstrauisch geworden. Die Strasse war aber auch weniger eine Strasse als eher der am besten ausgebaute Radweg ever, so wenig war hier los. Ich bestätigte ihm, dass er richtig war und sah ihn langsam vor mir entschwinden.


Nach 6 steilen Kilometern erreichte ich das Restaurant Pian San Giacomo und machte eine kurze Pause. Ich fand einen kleinen Supermarkt und füllte dort meine Wasserflaschen auf. Auf den nächsten Kilometern konnte man sich auf fast flacher Strasse etwas ausruhen. Dann wurde es wieder steiler. Auf den nächsten drei Kilometern wurde über etliche Serpentinen wieder einiges an Höhenmeter gesammelt. Die Landschaft wurde jetzt langsam alpiner. Viele Nadelbäume und grüne Wiesen bestimmten das Panorama. Auch hier ließen die dichten Wolken kaum Blicke auf die umliegenden Berge zu. Für ein kurzes Stück wurde es nun etwas flacher, ehe die letzten 1,5 km noch einmal mit 8% aufwarten konnten. Inzwischen war der Regen deutlich stärker geworden und so beschloss ich, wenigstens meinem Gepäck mal den Regenschutz anzulegen. Ich selbst führ weiterhin in der Variante kurz/kurz, obwohl es mittlerweile nur noch 15 Grad hatte, Tendenz fallend. Zudem frischte auch der Wind deutlich auf. Nach der letzten Serpentine war ich aber noch lange nicht oben. Ich hatte nur den ersten Hochpunkt vor dem Dorf San Bernardino erreicht. Für die nächsten zwei Kilometer ging es jetzt leicht bergab. Ich entschloss mich nun, endlich die Regenjacke anzuziehen. Nach San Bernardino folgten noch einmal sieben Kilometer. Richtig steil wurde es nun aber nicht mehr. Die Landschaft wechselte hier noch einmal und es wurde von Meter zu Meter karger. Außer Wiesen und Felsen war nicht viel zu sehen. Dafür durfte man nun wieder etliche Serpentinen bewältigen.

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Blick hinab auf die letzte Serpentinengruppe am Passo San Bernardino. Im Hintergrund der Lac d'Isola

Die Passhöhe war jetzt nur irgendwo in der Ferne zu erahnen. Während ich mit mir, dem Berg und vor allem dem ekelhaften Wind kämpfte, passierte ich eine Militärübung. Die Sicherungsposten waren dick eingepackt und hatten augenscheinlich keinen Spaß hier im Regen zu stehen. Ich musste an meinen eigenen Militärdienst denken und dass ich danach für fast ein Jahr keine Minute freiwillig bei schlechtem Wetter aus dem Haus gegangen war. Die Jungs mussten mich für bescheuert halten, als sie mich im Regen dem Pass entgegenstampfen sahen. Kurz vor der Passhöhe kamen mir von oben drei Radler entgegen. Es waren die Einzigen, die ich am gesamten Pass zu sehen bekam. Dann endlich erreichte ich die Passhöhe. Für den letzten Kilometer ging es am See entlang. Eigentlich müsste es hier ja eben sein, dachte ich mir. Ich fuhr trotzdem nur mit 14 km/h, so heftig bremste mich hier oben der Gegenwind. Oben hatte es gerade einmal noch 12 Grad. Dementsprechend ausgekühlt war ich.

Passhöhe San Bernardino.jpg
stürmische Verhältnisse am Laghetto Moesola auf dem Passo San Bernardino

Ich besuchte das Bergrestaurant und zog mir auf der Toilette trockene Sachen an. Na ja fast. Ich leistete mir den Fauxpas oben ohne an meinen Platz zurückzukehren und erst dort mein Funktionsshirt anzuziehen. Sogleich wurde ich vom Besitzer darauf aufmerksam gemacht, dass dies hier ein Restaurant sei und man hier nicht oben ohne Rumzulaufen habe. Dazu sei gesagt, dass außer mir nur noch zwei Motorradfahrer anwesend waren, denen das mit Sicherheit, man verzeihe mir den Ausdruck scheiß egal war. Ich aß eine warme Suppe und schnippelte meine letzte Wurst noch dazu. Außerdem gab es einen Cappuccino in den ich meine Kekse tunkte. Wenn der Wirt dagegen jetzt auch noch was sagen würde, würden die Lebensmittel fliegen lernen. Als ich fertig war und draußen zu meinem Rad zurückkehrte, begann ich bereits leicht zu frieren. "Na das kann ja heiter werden", dachte ich mir. Ich zog so ziemlich alles an, was ich dabei hatte uns stürzte mich in die Abfahrt. Es war dann aber weniger schlimm als erwartet. Zum einen hörte es auf zu regnen und zum anderen flaute auch der Wind ab. Während im oberen Teil nur selten Serpentinen die Fahrt bremsten, waren auf dem letzten Teil vor Hinterrhein unzählige davon zu bewältigen. Es folgte noch ein Stück leicht abfallend ins Tal auf einer extra Strasse direkt neben der Autobahn. Das passte irgendwie zu dem Pass. Um 16:30 Uhr erreichte ich nach 128 km, 2340 hm und 6 h Nettofahrtzeit Splügen und fand rasch die Touristeninfo.


Ich buchte mir ein Zimmer im Hotel Pratigiana, was nicht gerade die beste Wahl war wie ich kurz darauf feststellte. Das Zimmer hatte kein TV, hätte ich mal lieber vorher nachgefragt. 70 CHF sind dafür aber auch eher preiswert und die Auswahl in Splügen ist ohnehin nicht groß. Der einzige Gast den ich im Hotel traf, war witzigerweise der Rollerfaher vom San Bernardino, der überrascht war, mich jetzt schon hier zu sehen. Scheinbar war er auch nicht wirklich schnell vorangekommen und erst kurz vor mir eingetroffen. Ich spulte mein übliches Programm ab und fand sogar ein großes Radgeschäft. Natürlich hatte es schon geschlossen. Anschließend versuchte ich ein Nickerchen zu machen, war aber zu müde zum Schlafen. So langsam wurde mir klar, das ich mein optimistisches Programm für die nächsten Tage nicht halten würde können. Die nächsten zwei Tage waren nicht ohne und danach würde die Königsetappe über das Stilfser Joch mit mehr als 3.000 hm folgen. Spätestens hier würde ich scheitern. Abends gab es leckere Rösti mit gebratenem Fleischkäse und ich erfuhr, dass ich im Hotel kostenlos W-Lan hatte. Zum ersten Mal lernte ich mein Smartphone schätzen und begann meine Route umzuplanen. Ziel war es, aus den nächsten zwei Tagen, drei Tagesabschnitte zu machen.

Übersicht


4. Tag (Splügenpass, Malojapass)


Ich wachte schon um 6:30 Uhr auf und hörte dass es draußen regnete. Dementsprechend ließ ich mir Zeit und ging erst um 7:30 frühstücken. Ich hatte inzwischen umgeplant und heute nur eine kurze Etappe vor mir. Außerdem wollte ich dem Radladen noch einen Besuch abstatten, der aber erst um 9:00 Uhr öffnete. Ich hatte also reichlich Zeit. Zum Frühstück gab es viel Müsli, dafür wenig Auswahl an Wurst oder Käse. Während ich so da saß und frühstückte, wanderte mein Blick immer wieder nach draußen. Fast minütlich analysierte ich die Wetterverhältnisse. "Hat es schon ein wenig aufgeklart, sehe ich schon mehr Berge als vorhin?", waren die beherrschenden Fragen. Ob man Regen wohl weghypnotisieren kann? Aber letztlich sah ich immer nur dieselbe Suppe. Letzte Hoffnung war der Wetterbericht, der zumindest auf der anderen Seite Richtung Chiavanna besseres Wetter meldete. Ich packte meine Sachen, legte mir und dem Gepäck den kompletten Regenschutz an und fuhr um kurz nach 9 Uhr zum Bikeladen. Dort bekam ich immerhin einen neuen Schlauch für stolze 9 CHF und endlich wieder genug Luft in meinen Hinterreifen. Bei strömendem Regen startete ich um 9:40 Uhr dann meine vierte Etappe.


Es ging sofort mit dem Splügenpass los. Zunächst mussten einige Serpentinen überwunden werden. Wieder einmal kam mir die Steigung deutlich höher vor, als es das Profil vermuten ließ. Immerhin war ich bei dem Schmuddelwetter quasi alleine unterwegs. Nach etwa 2,5 km und dem Ende der Serpentinen wurde die Steigung erträglich. Trotzdem war ich unter meiner Regenjacke bereits ordentlich ins Schwitzen geraten. Da der Regen etwas nachgelassen hatte, beschloss ich erstmal ohne sie weiterzufahren. Die Strasse schlängelte sich nun am Hang entlang das Tal nach oben. Nach knapp 6 Kilometern erreichte ich die berühmten 10 akkurat übereinander geschichteten Kehren. Es wurde nun wieder steiler, mehr als 8% waren aber selten zu bewältigen.

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die berühmte Kehrengruppe während des Anstieges von Splügen zum Splügenpass

Ich kam den tief hängenden Wolken jetzt immer näher und machte mir schon Hoffnungen irgendwann über ihnen rauszukommen und blauen Himmel zu sehen. Aber soweit kam es natürlich nicht.

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Blick zurück auf die Kehrengruppe am Splügenpass, bei immer schlechter werdender Sicht

Trotzdem hatte ich das Gefühl, das Wetter würde über dem Pass deutlich besser sein. Mittlerweile hatte es auch ganz aufgehört zu regnen. Teilweise konnte ich jetzt endlich auch mal die umliegenden Berge erkennen. Der Pass wäre bei besserem Wetter sicher auch schön zu fahren. Nach einer kurzen Geraden folgten noch einmal einige Serpentinen, ehe über eine letzte lange Gerade der Pass endgültig erklommen wurde. Wie erhofft erblickte ich im Tal Richtung Chiavenna tatsächlich den einen oder anderen Flecken blauen Himmels. Ich legte mir oben wieder trockene Klamotten an und machte mich an die Abfahrt. Zunächst mussten einige Serpentinen zum Lago di Montespluga überwunden werden.

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Blick auf den Lago di Montespluga auf der Abfahrt vom Splügenpass nach Chiavenna

Danach hätte man es eigentlich laufen lassen können. Leider hinderte mich ein schlechter Straßenbelag daran. Immerhin wurde das Wetter immer besser und so konnte ich einige schöne Blicke ins Tal genießen. Nach einer Weile kamen wieder ein paar Serpentinen und ein längeres Tunnel. Ich beschloss sicherheitshalber mein Vorderlicht anzulegen. Doch daraus wurde nichts, das Licht reichte nicht über meine Lenkertasche hinaus. Hier muss ich mir fürs nächste Mal dringend was einfallen lassen.

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Nebelschwaden im Tal Richtung Chiavenna, aber Aussicht auf besseres Wetter während der Abfahrt vom Splügenpass

Ohne Licht ging es dann aber problemlos durch das Tunnel. Nach Pianazzo folgten dann unzählige Serpentinen und viele kleine Tunnels. Teilweise führten lediglich die Serpentinen selbst in den Berg während man auf den kurzen Geraden an der frischen Luft unterwegs war. Ein sehr interessanter Straßenbau und bergauf sicher wunderschön zu fahren.

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Kehren über Kehren garniert mit kurzen Tunnels. Die abwechslungsreiche Abfahrt vom Splügenpass nach Chiavenna

Gegen Ende wurde auch der Straßenbelag wieder besser und ich konnte endlich ungebremst abfahren. Kurz vor Ende der Abfahrt wechselte ich wieder die Klamotten und fuhr das Kurzarmtrikot trocken. In Chiavanna fuhr ich an einem Supermarkt vorbei weil ich ihn zu spät erkannte. Aber umdrehen und 20m zurückfahren kam für den feinen Herrn natürlich nicht in Frage. "Wird ja schon noch einer kommen", dachte ich mir. Es dauerte aber über 15 Minuten bis ich endlich in einem kleinen Dorf einen kleinen Laden fand und ich ein Marmeladen-Croissant und eine Banane kaufen konnte. Da ich auch wieder eine Weile brauchte, um einen schönen Platz zum Essen zu finden, hatte sich inzwischen mächtig Hunger angestaut. Bis hierher verlief die Strasse leicht ansteigend und sehr unrhythmisch, leider auch wieder mit deutlich mehr Verkehr. Ab dem Grenzübergang in die Schweiz aber wieder auf deutlich besserer Strasse. Auch hier durchquerte ich immer mal wieder kleine verschlafene Dörfer mit uralten Häusern. Schließlich erreichte ich Vicosoprano.


Hier hatte ich mir am Vortag ein Hotel ausgesucht und damit die Etappe deutlich verkürzt. Leider fand ich das Hotel aber nicht. Nach 10 Minuten Internetrecherche merkte ich, dass das Hotel gar nicht direkt in Vicosoprano lag, sondern noch ein Stück weiter Richtung Malojapass. Eine Serpentine später am Ende einer langen Geraden sah ich dann das Albergo Pranzeira. Hier wollte ich Station machen. Es war erst 13:40 Uhr und ich hatte an diesem Tag erst 61 km, 1.560 hm und eine reine Fahrtzeit von 3 Stunden hinter mir. Da machte es mir dann auch nichts aus, dass außer dem Hotel sonst nichts zu sehen war. Für meinen Einkauf durfte ich also wieder zurück nach Vicosoprano und somit noch einmal 150 hm zusätzlich zurücklegen. Aber zuerst buchte ich mir ein Zimmer. Zurück in Vicosoprano brauchte ich eine Weile, bis ich endlich den kleinen Supermarkt und eine Metzgerei fand. Dafür deckte ich mich dann ordentlich ein und fuhr wieder zurück ins Hotel. Danach wurde geduscht, ausgiebig gegessen, etwas Tour de France geschaut und die Klamotten gewaschen. Außerdem widmete ich mich wieder meiner Fahrradkette. Um 19:00 Uhr ging ich dann zum Essen. Ich bestellte Salat mit Poulet und was soll ich sagen, es war der schlechteste Salat ever. Da schmeckte wirklich gar nichts, weder das Poulet noch der Salat. Als Radsportler konnte ich es mir natürlich nicht leisten, Kalorien liegen zu lassen. Also kämpfTe ich mich durch das Gericht. DaS war aber mindestens genauso schwer, wie die letzten Tage an so manchem Pass. Abends nutzte ich noch einmal das kostenlose W-lan und plante den nächsten Tag.

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