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Transalp Genf - Nizza vom 13.07.11 - 20.07.11

    Planung der Tour

    Tag1 (Col des Aravis, Col des Saisies)

    Tag2 (Cormet de Roselend, Col de l'Iseran)

    Tag3 (Col du Télégraphe, Col du Galibier)

    Tag4 (Col d'Izoard, Col de Vars, Le Sauze)

    Tag5 (Col d'Allos, Col de Champs, Teilanstieg Col de la Cayolle)

    Tag6 (Schlußanstieg Col de la Cayolle, Col de la Bonette)

    Tag7 (Col St. Martin, Col de Turini)

    Fazit


5. Tag (Col d'Allos, Col de Champs, Teilanstieg Col de la Cayolle)


Der nächste Tag begann wieder früh um 6:45 Uhr, eine Stunde später saß ich, natürlich als Erster beim Frühstück. Um 8:30 Uhr startete ich dann bei ziemlich kühlen Temperaturen meine Tour. Die Abfahrt bis Barcelonnette war schnell vorbei und der Anstieg zum Col d'Allos begann.

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Schon auf der Abfahrt von Le Sauze deutet sich an, heute wird ein schöner Tag

Anfangs eher steil, mit einem schönen Panorama im Hintergrund und einer Schlucht neben mir, änderte sich dies an einer markanten Rechtskurve. Für fast drei Kilometer wurde es jetzt flacher, dafür wurde die Schlucht neben mir immer tiefer. Die enge Straße zog sich nun am Hang entlang hinauf. Auf der Abfahrt wäre hier Vorsicht geboten. Der Straßenbelag war schlecht und teilweise lagen große Steine auf der Straße. Dafür war quasi kein Verkehr vorhanden. Nach einiger Zeit wechselte ich auf flacher werdender Strasse die Talseite über mehrere Brücken. Nach der dritten Brücke war ich auf der anderen Seite angelangt. Es wurde nun wieder steiler. Dafür hatte ich einen herrlichen Blick auf den eben zurückgelegten Weg. Von dieser Seite sah die Straße noch viel spektakulärer aus, als während dem Befahren selbst.

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Blick von der gegenüberliegenden Talseite auf die atemberaubend in den Berg geschlagene Straße am Col d'Allos

Nur kurze Zeit später wechselte der Anstieg erneut seine Charakteristik. Eben noch am Hang entlang im Wald, durfte ich nun inmitten von Almwiesen Serpentinen überwinden und bereits einen Blick auf die vermeintliche Passhöhe werfen. Doch dieser Blick täuschte. Noch einmal wurde die Richtung gewechselt und ein weiterer Hügel umfahren ehe ich endlich die Passhöhe erreichte. Ein sehr abwechslungsreicher Anstieg mit ständig wechselndem Panorama lag hinter mir. Ich wanderte wieder kurz auf den nächst höheren Gipfel, aß eine Kleinigkeit und fuhr weiter. Die Abfahrt bestand anfangs noch aus einigen Serpentinen, später waren es eher weite Kurven. Insgesamt war es auf jeden Fall eine schöne Abfahrt. In Colmars kaufte ich noch Bananen und Trinken ehe ich wieder ein kurzes Stück zurückfuhr und den Anstieg zum Col de Champs in Angriff nahm. Der Abzweig sah eher aus wie eine Hofeinfahrt und entsprechend schmal ging es auch weiter. Zu Beginn eher steil, durfte ich im dichten Wald einige Serpentinen überwinden. Nach ca.3 km erreichte ich eine kleine Aussichtsplattform mit schönem Blick auf Colmars und sein Fort. Mit unverminderter Steigung ging es dann weiter. Bei einer kleinen Gaststätte wurde es für kurze Zeit flacher, ehe ich den Wald verließ. Die Landschaft wurde nun rauer und ich erahnte wie bereits am Allos die Passhöhe. Die Straße wechselte aber immer mal wieder die Richtung und manchmal fragte ich mich, wo die Straße denn weitergehen sollte. Schließlich zog sich die Straße am Hang entlang, ehe eine ausgesetzte Serpentine erreicht wurde.

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Blick auf die markante Serpentine im Schlußteil des Col de Champs. Ein schöner Pass mit ständig wechselnder Landschaft

Dann trennten mich nur noch eine kurze Abfahrt und ein paar Meter bergauf von der Passhöhe. Oben angekommen machte ich auf einer Bank unterhalb der Passhöhe eine kleine Pause. Ich gönnte mir eine Leckerei und genoss die Sonne. Es folgte die Abfahrt. Hier waren viele Serpentinen und Kurven zu überwinden. Da der Straßenbelag aber super war, machte mir dies richtig Spaß. Allerdings sollte man hier vorsichtig sein. Es gibt keinerlei Hinweise auf enge Kurven, man muss also ständig bremsbereit sein. In St. Martin füllte ich noch mal Wasser nach und cremte mich ein weiteres Mal ein. Dann begann der Anstieg zum Col de la Cayolle. Zunächst ging es auf neuem Straßenbelag nur leicht bergauf. Rein optisch dachte ich sogar, ich würde bergab fahren. So erreichte ich schnell Entraunes. Dort kaufte ich noch einmal etwas zu Essen ein. Nicht dass ich Hunger hatte, aber mein Etappenziel war heute Estenc, und dort gab es außer einem Hotel und ein paar Häuser nichts um mich einzudecken. Die Steigung zog nun deutlich an. Die Straße schlängelte sich das Tal hinauf, links neben mir als steter Begleiter eine tiefe Schlucht. Nachdem sich das Tal vor mir öffnete und ich sogar einige Wasserfälle bestaunen durfte, wurde es wieder etwas flacher. Ich durchfuhr zwei kurze Tunnels und wechselte die Talseite. Eine Serpentine leitete nun den letzten wieder steileren Kilometer ein.

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Blick auf das kleine Tunnel kurz vor den letzten Serpentine im Schlußteil des Anstieges zum Col de la Cayolle

Dann erreichte ich Estenc. Mein Hotel, das Relais de la Cayolle war nicht zu verfehlen, ich fuhr quasi direkt hinein. Nach 87 km, 2.700 hm und einer Fahrtzeit von 4:30 h erreichte ich damit schon am frühen Nachmittag mein Ziel. Das Hotel war sehr schön, direkt neben einem Gebirgsbach gelegen. Sein Rauschen hörte ich sogar, wenn ich im Bett lag. Ich hatte ein kleines nett eingerichtetes Zimmer mit Etagen-Dusche/WC. Es war kaum etwas los, so dass eine Vorreservierung sicher nicht nötig gewesen wäre. Zu meiner Überraschung sprach man hier teilweise sogar deutsch! Ich genoss die tolle Landschaft mitten in den Bergen und ließ bei einem Radler die Seele baumeln. Abends gab es dann ein leckeres Dreigangmenü mit Spezialitäten aus Italien und der Provence. Ich erfuhr, dass das Wetter morgen wieder schlechter werden würde. Auf dem Bonette, der morgen auf meinem Programm stand, war sogar Schnee angekündigt. Ich wälzte abends daher noch meine Karte und suchte mir eine Alternative. Viele Möglichkeiten hatte ich aber nicht. Entweder ich würde die Route über den Bonette riskieren, oder es ginge den Cayolle wieder zurück und über den Valberg und Coiullole nach St.Sauveur ins Tal der Tinée. Aber so wirklich Lust hatte ich darauf nicht. Also beschloss ich, es am nächsten Tag einfach vom Wetter abhängig zu machen.

Übersicht


6. Tag (Schlußanstieg Col de la Cayolle, Col de la Bonette)


Ich hatte richtig mies geschlafen, wahrscheinlich ahnte ich schon, dass das Wetter heute buchstäblich mit mir Schlitten fahren würde. Um 7:00 Uhr war die Nacht vorbei und nach einem richtig leckeren Frühstück war ich um 8:40 Uhr bereit, für mein zweitletztes Abenteuer. Es sollte mein bislang größtes auf dem Rad geben. Für das Zimmer zahlte ich einschl. Halbpension 63 Euro, was ich angesichts der Lage und des leckeren Essens für absolut angemessen hielt. Der Himmel war morgens noch bedeckt, aber es war trocken. „Alla Gut“, wie der Karlsruher sagt, dann machen wir uns mal auf zum Bonette. Doch zunächst waren die letzten sieben Kilometer des Col de la Cayolle zu bezwingen. Über eine windungsreiche Straße am Hang entlang, unterbrochen durch einige Serpentinen gewann ich rasch an Höhe.

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Blick auf das Relais de la Cayolle, meine Unterkunft vom Vortag auf den letzten Kilometern des Col de la Cayolle

Es folgten noch ein kurzes Tunnel und einige flache Meter, dann wieder Serpentinen und zum Schluss sogar noch eine kurze Abfahrt. Ich machte hier kaum Fotostopps. Zum einen wollte ich keine Zeit verlieren, zum anderen, war die Aussicht aufgrund der Bewölkung ohnehin begrenzt. Das erste Ziel, die Passhöhe noch trocken zu erreichen, war daher schnell erreicht. Auch auf der folgenden Abfahrt gab ich Gas. Der Horizont verdunkelte sich schon zunehmend. Hier konnte man es aber auch gut laufen lassen. Zwar eine schmale, windungsreiche Straße, dafür aber kaum enge Serpentinen und oft ein einsehbarer Straßenverlauf.

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Die schnelle windungsreiche Abfahrt vom Col de la Cayolle nach Barcelonnette und ein sich rasch verdunkelnder Himmel

Etwa 10km nach der Passhöhe fing es dann bereits an zu nieseln. Vor mir querten in kurzen Abständen zwei Mal jeweils 2 Murmeltiere. Ich hätte sie ja gerne fotografiert, hatte es aber eilig. In diesem Teil der Strecke war die Abfahrt sehr holprig, aber noch war die Straße trocken und ich hatte damit keine Schwierigkeiten. Später wurde der Belag deutlich besser, was man vom Wetter leider nicht sagen konnte. Es regnete inzwischen ordentlich. Daher konnte ich diesen Teil der Strecke auch schon nicht mehr genießen. Und das obwohl die Strecke dafür eigentlich einiges bot. Eine kühn in den Fels gehauene Straße, rechts der Fels, links eine tiefe Schlucht. Wobei die Seite immer mal wieder gewechselt wurde. Etwa 10 km vor dem Ende der Abfahrt war dann auch die Strasse komplett nass und ich musste meine Regenklamotten anziehen. Ohne weitere Probleme erreichte ich dann aber Barcelonnette. Die leicht ansteigende Strasse nach Jausiers war auch schnell hinter mich gebracht. Dort kaufte ich erstmal noch Verpflegung und zog mein Langarmtrikot wieder aus. Dann begann der Anstieg zum Bonette. Der Anstieg war zunächst sehr abwechslungsreich. Eine sich langsam das Tal hinauf windende Strasse, unterbrochen durch eine kurze Serpentinengruppe. Eine weitere Serpentinengruppe beendete dann den leichteren Aufgalopp und es wurde steiler.

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Blick bei strömendem Regen auf die zweite Serpentinengruppe im Mittelteil des Anstieges zum Col de la Bonette.

Es wurde aber nicht nur steiler sondern auch kälter. Hier ahnte ich bereits, dass es ein harter Tag werden könnte. Es gab jetzt nur noch sehr selten kurze flache Stücke. Vereinzelt kamen mir von oben Fahrer entgegen, ansonsten war man hier alleine unterwegs. Immer noch nur mit Kurzarmtrikot und Regenjacke bekleidet wurde mir im strömenden Regen langsam immer kälter. Ich beschloss aber erst einen geeigneten Unterschlupf zu suchen, wo ich mich umziehen konnte. Während ich also meine Blicke so in der Umgebung schweifen ließ, merkte ich irgendwann, dass der Regen von oben kein richtiger Regen mehr war! Bis ich endlich knapp 7 Kilometer vor dem Gipfel einen Unterschlupf fand, war der Regen endgültig in Schnee übergegangen. In der schon halb zerfallenen Hütte aß ich erstmal eine Kleinigkeit und zog mein Langarmtrikot an. Meine Handschuhe waren inzwischen komplett nass und wärmten natürlich nicht mehr wirklich. Während ich mir langsam Gedanken machte, ob es wirklich clever war weiterzufahren, hielt vor dem Schuppen ein Auto und ein Franzose schaute aufgeregt in den Schuppen und fragte, ob ich alleine sei. Scheinbar war er auf der Suche nach einem anderen Rennradler. Dann setzte ich meine Fahrt fort.

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Das Wetter wird immer schlimmer, es beginnt zu schneien. Sieben Kilometer vor dem Gipfel des Col de la Bonette beginnt der Pass sich zu wehren

Es folgten nun wieder Serpentinen und ich versuchte mir positive Gedanken zu machen. Schnee ist schließlich weniger nass als Regen, Vorteil also für mich! Kurze Zeit später wurde mir aber eines klar. Ich hatte noch über 30 Minuten bergauf vor mir, und es würde wohl nicht mehr lange dauern, und der Schnee würde auf der Straße liegen bleiben, und dann? Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen. Aus einem von der Passhöhe entgegenkommenden Auto wurde mir fermé, fermé entgegengerufen. Geschlossen! „Toll“ dachte ich mir. Einen Pass kann man ja nicht einfach schließen wie ein Restaurant. Es würde mich schon niemand dran hindern, auf der anderen Seite wieder runterzufahren! Aber so langsam wurde mir doch mulmig zumute. Ich versuchte alle negativen Gedanken zu verdrängen und einfach weiter zu kurbeln. Einfach nur oben ankommen, so schnell wie möglich, irgendwie. "Ist das alles was du hast" schrie ich dem Pass entgegen, "das bisschen Schnee, das wird mich nicht aufhalten!". Dann kamen mir innerhalb kurzer Zeit zwei Fahrer entgegen, wobei Fahrer so nicht stimmt, sie schoben ihr Rad bergab. Spätestens hier wurde mir klar, dass ich noch lange nicht am Ziel war, sollte ich oben sein. Mir würde wohl noch einiges blühen. "Du Judas! Du kriegst mich nicht klein, du nicht!" schallte es dem Bonette nun entgegen, schon weitaus weniger herausfordernd wie noch zuvor. Das mulmige Gefühl im Magen hatte sich inzwischen zu einem kleinen Magengeschwür ausgeweitet. Was machte ich hier nur. Ich hatte diese Tour definitiv nicht mehr im Griff. Noch 2 Kilometer! Inzwischen konnte ich nur noch in den spärlichen Autospuren fahren, ansonsten umgab mich eine geschlossene Schneedecke. Gott sei Dank wurde es flacher. Aber richtig Gas geben konnte ich nicht. Ich musste auf der glatten Strasse vorsichtig sein. Ein Sturz käme jetzt irgendwie unpassend. Immerhin, kamen mir von oben noch ganz vereinzelt Fahrzeuge entgegen. Ich war hier wenigstens nicht ganz alleine unterwegs. So langsam bekam ich kalte Hände, bergab würde das ein Spaß geben. Nur gut, dass es hier oben überraschender Weise kaum Wind gab. An ganz geschützten Stellen wurde mir sogar richtig warm. Dann erreichte ich endlich die Passhöhe und den Beginn der Schleife zur Cime de la Bonette. Es waren keine Autospuren zu sehen! "Lass es gut sein, sagte ich mir, "Du hast dich bis hierher gekämpft, übertreib es jetzt nicht!" Also fuhr ich weiter. Ein paar Meter weiter kam ich zum Ende der Bonette-Schleife. Dort waren wenige Autospuren zu sehen. "OK, Scheiß drauf!" dachte ich jetzt. Die paar Meter würde ich jetzt auch noch irgendwie packen. Also fuhr ich weiter. Dummerweise ist die Schleife, fährt man sie von dieser Seite richtig steil. Und so kam es wie es kommen musste, nach ca.600 Meter drehte mein Hinterrad durch. Also stieg ich ab, und machte mich zu Fuß auf den Weg gen Gipfel. Dicke Schneeflocken begeleiteten mich dabei. In einer Rechtskurve traf ich auf 3 Autofahrer die wild am Diskutieren waren. Scheinbar machten Sie sich ebenso Sorgen wie ich, was die Abfahrt betraf. Nach weiteren 500 Metern Fußmarsch erreichte ich den Scheitelpunkt der Schleife. Ich schoss ein Foto und schüttelte den Kopf: "Alter Schwede, was mach ich hier nur!", schoss es mir durch den Kopf.

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Das Denkmal und Schnee soweit das Auge reicht. Mehr war auf der Cime de la Bonette nicht zu sehen

Dann begann der Weg zurück. An Fahren war gar nicht zu denken. Ich traf wieder auf die Autofahrer, die wissen wollten, wie es auf der Seite nach Jausiers ausschaut. Ich sagte ihnen dass auch dort Schnee liegt. Dann wollten Sie wissen, ob es oben ein Restaurant geben würde. "Klar", dachte ich mir, "gibt lecker Kuchen, war mir aber zu teuer, drum latsch ich wieder durch den Schnee!" Den Rest verstand ich nicht wirklich. Aber sie hatten wohl keinen Handyempfang und wollten wissen, ob ich jetzt nach Richtung Nizza "fahren" würde und ob ich dann irgendwo anrufen könnte. Was hatten die nur für Vorstellungen. Sollte ich jetzt den ADAC oder doch besser gleich die französische Fremdenlegion, Abteilung Gebirgsjäger informieren? Spätestens jetzt musste ich den Kopf schütteln. Ich hatte hier ganz andere Probleme, schließlich umgab mich kein schützender Stahl, ich hatte keine Heizung und statt 4 Breitreifen mit Profil war ich quasi auf 21mm-Slicks unterwegs. "Wenn ich hier runterkommen werde, werdet ihr das ja wohl auch irgendwie hinkriegen", waren meine letzten Gedanken ehe ich losstiefelte. Kurze Zeit später war ich wieder auf der eigentlichen Passstrasse. Ich überlegte kurz, ob ich evtl. hätte fahren können, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Der Pass war mittlerweile sicher gesperrt. Es hätte also durchaus sein können, dass mir ab jetzt niemand mehr begegnen würde. Wenn ich mich hier jetzt auf die Schnauze legen würde, könnte das richtig übel enden. Also wanderte ich weiter. Mit meinen Mountainbike-Schuhen ging das immerhin einigermaßen. Nach ca. 1 km Fußmarsch näherte sich von hinten ein Auto und hielt an. Es war ein Franzose mit einem Kleinwagen, auf dem Beifahrersitz sein Sohn, auf der Rückbank die kleine Tochter. Er fragte mich, ob sie mich mitnehmen könnten. Ich hätte ja zu gerne ja gesagt, aber wie zum Geier sollte ich mein Rad im Kofferraum unterbringen? Doch der Franzose wusste eine Lösung. Wir könnten das Rad ja vorne und hinten zum Fenster raushalten und so neben dem Fahrzeug transportieren. Er habe ohnehin ein total altes Auto, da könne nix mehr kaputt gehen. Was sich vielleicht anhört, wie ein schlechter Scherz, war zu der Zeit meine Rettung. Gesagt, getan. Sein Sohn kurbelte vorne das Fenster runter und hielt mein Rad am Lenker, während ich aus dem hinteren Fenster das Rad unterhalb der Sattelstütze hielt. So fuhren wir also langsam weiter. Mir, und wohl auch seinem Sohn, froren zwar fast die Finger ab, aber so ersparte er mir einen weiten Fußmarsch. Nach ca. 4 km ging der Schnee wieder in Regen übrig und die Straße war befahrbar. Er fuhr aber bestimmt noch einmal 2 km weiter, ehe sich unsere Wege wieder trennten und ich mich tausendmal bedankte. Schon beim Aussteigen, merkte ich aber, wie ausgekühlt ich war. Unter mir sah ich nach einigen Serpentinen eine Häusergruppe. Dort musste ich dringend etwas Trockenes anziehen. Ich fuhr also los und fing sofort an zu zittern. Es wurde immer schlimmer, ich konnte nur noch mit Mühe mein Rad stabil halten. Nur die langsam näher kommende Häusergruppe machte die Sache erträglich. Nach knapp 3 km erreiche ich endlich die Häuseransammlung Bousieyas. Ich erwartete hier eigentlich nichts, außer etwas um mich unterzustellen und mich im Trockenen umzuziehen. Aber dann sah ich ein Schild auf dem irgendetwas mit Pause und Wanderer stand. Ich folgte dem Schild eine Treppe nach oben, öffnete eine Tür und mein Blick viel auf zwei ältere Franzosen, offenbar Wanderer, die an einer Biertischgarnitur saßen, neben einer Heizung! "Gott sei Dank!" dachte ich mir nur. Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit, hatte ich richtig Schwein gehabt. Die beiden sahen mir sofort an, wie unterkühlt ich war und boten mir den Platz an der Heizung an. Ich zog ein paar nasse Sachen aus und bekam von zwei netten jungen Damen, welche die kleine Gite leiteten, eine heiße Schokolade angeboten. Leider konnte ich sie nicht sofort trinken, das Zittern wollte einfach nicht aufhören. Ich saß dort sicher eine knappe halbe Stunde direkt neben einer richtig warmen Heizung, trank 2 heiße Schokis und war unaufhörlich am Zittern. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Erst nach ca. 30 Minuten hörte es auf und ich zog mich wieder an und packte meine Sachen zusammen. Für die 2 Schokis hätte ich 4 Euro bezahlen müssen. Ich streckte ihnen einen Zehner entgegen und sagte, „stimmt so“. Die heißen Getränke und vor allem die Heizung waren ohnehin unbezahlbar gewesen. Ich wusste, dass ich noch 10 km bis St. Etienne de Tinée vor mir hatte. Dort würde ich mir ein Zimmer suchen und nicht wie ursprünglich geplant bis Isola oder Saint Sauveur sur Tinée fahren. Mir war zwar nach wie vor kalt, aber wenigstens zitterte ich nicht mehr. In St. Etienne de Tinée buchte ich im Tourismus-Büro ein Zimmer und duschte dort erstmal 20 Minuten heiß. Ich war an diesem Tag nur 95 km und 2.300 hm gefahren, hatte dafür aber mehr erlebt, als jemals zuvor auf dem Rad. Nach der Dusche ging es pflichtbewusst ans Waschen der Klamotten. Leider empfing mein Fernsehen kein France2 und somit gab es keine Tour de France. Angeblich sollte das in der gesamten Ortschaft so sein. Ich beschloss erstmal einkaufen zu gehen. Mittlerweile regnete es nicht mehr, das kannte ich ja. Während ich so durch St. Etienne schlenderte, hörte ich Kommentatoren-Geräusche aus einem Restaurant. Und siehe da, es lief die Tour! Also gönnte ich mir dort ein Radler und pennte später noch eine Runde. Abends gab es im Hotel geschmacklosen Tomaten-Mozarella-Salat und eine leckere Pizza.

Übersicht


7. Tag (Col St. Martin, Col de Turini)


Mein letzter Tag begann wieder um 7:00 Uhr. Ich musste morgens noch teilweise die Klamotten trocken föhnen. Glück für mich, dass ich vom Hotel einen Fön ausgeliehen bekam. Nach einem eher mäßigen Frühstück saß ich um kurz vor 9:00 Uhr auf dem Rad. Für mein Zimmer incl. Frühstück und Abendessen im Hotel Le Regalivou bezahlte ich 60 Euro. Es war jetzt schon ein seltsames Gefühl. Auf der einen Seite war ich froh, nur noch eine Tagesetappe von Nizza entfernt zu sein. Nach über einer Woche aus einem kleinen Rucksack leben, freute ich mich wieder auf zuhause. Andererseits war auch ein wenig Wehmut dabei. Die Reise auf die ich mich so lange gefreut hatte und auf der ich soviel erlebt hatte, neigte sich unwillkürlich dem Ende entgegen. Heute galt es also jede Minute noch mal zu genießen. Auf der folgenden Abfahrt nach Isola war das schon mal kein Problem. Der Straßenbelag war topp, es gab weder Verkehr noch lästigen Gegenwind und die Straße zog sich ohne enge Kurven und recht steil das Tal hinab. Teilweise fuhr ich auf einem eben so guten Radweg zwischen der Straße und der Tinée. Kurz vor St. Sauveur de Tinée wurde es etwas flacher und ich musste Mittreten. Danach folgte dann noch mal ein schönes steiles Stück bis zum Abzweig zum Col Saint Martin. Der Anstieg zog sich sehr gleichmäßig nach oben. Gefühlsmäßig war das steilste Stück gleich zu Beginn zu überwinden.

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Die ersten steilen Serpentinen am Anstieg zum Col de St. Martin

Die windungsreiche Straße führte am Hang entlang durch einige kleine Bergdörfer und wechselte öfters die Richtung. So wusste man nie, was einen als nächstes erwartet. Verkehr war hier wie den gesamten Urlaub eigentlich kaum vorhanden. Auch der Asphalt war in bestem Zustand. Da kaum enge Serpentinen zu überwinden sind, macht dieser Pass sicher auch bergab eine Menge Spaß. Zwischendrin erwischte ich mich dabei, wie ich richtig Tempo machte und Druck aufs Pedal bekam. Ab Valdeblore ließ ich es dann aber wieder sein, schließlich war genießen angesagt. Am Ortsende von Valdeblore wurde es dann noch einmal richtig steil. Aber auch hier war nur ein kurzes Stück zu überstehen, ehe die Steigung wieder moderate Werte annahm. Die Aussicht nach oben war während dieses ersten Teilstückes begrenzt. Dafür wusste der Blick zurück des Öfteren zu gefallen. Und je näher man der Passhöhe kam, desto schöner wurde auch die Aussicht vor mir. Oben angekommen war ich dann zunächst überrascht. Es war ganz schön viel los und einiges geboten. Ponyreiten, Bungee-Trampolin und vieles mehr wurden von mehreren Gruppen Jugendlicher genutzt. Ich aß eine Kleinigkeit und schaute in der Sonne sitzend dem bunten Treiben eine Weile zu.

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Dem Meer schon sehr nahe, aber immer noch schneebedeckte Berge vor den Augen. Die schöne Aussicht auf der Abfahrt vom Col de St. Martin

Es folgte eine schnelle und schöne Abfahrt bis Saint Martin. Dort füllte ich noch mal meine Wasserflaschen ehe es weiterging nach Roquebillière. Kurz danach begann der Anstieg zum Col de Turini. Die ersten Meter kamen mir wie immer recht steil vor. Aber entweder fand ich schnell meinen Tritt, oder es wurde kurze Zeit später wirklich flacher. Gleich auf den ersten Metern überholte ich einen älteren Franzosen. Wir sollten uns nicht das letzte Mal begegnet sein an diesem Tag. Über mehrere Serpentinen erreichte ich rasch La Bollène-Vésubie. Danach zog sich die Straße windungsreich am Berg entlang, links stets eine imposante Felswand, rechts eine niedrige Mauer und danach der Abgrund.

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Kurz nach La Bollène-Vésubie. Die in den Fels geschlagene Straße zum Col de Turini

Kurze Zeit später erreichte ich ein kurzes Tunnel. Rechts daneben schien es so etwas wie eine Umgehung zu geben. Ich beschloss diese ein paar Meter zu begehen. Es handelte sich eigentlich um einen zweiten Tunnel. Nur 2 m hoch, nicht einen Meter breit und mit grobem Schotter ausgestattet. Fahren war hier nicht möglich. Dafür hatte ich durch ein Fenster in der Felswand einen schönen Blick. Allerdings wagte ich es nicht, weiterzugehen. Ohne das Rad zu tragen und evtl. sogar zu klettern käme man hier vermutlich nicht weiter. Wieder auf der richtigen Straße kam ich nicht nur gut voran, sondern auch mächtig ins Schwitzen. Schützender Schatten war hier nur sehr selten vorhanden. Wieder nur ein kurzes Stück später, durfte ich einige Serpentinen überwinden. Eine sehr ausgesetzte war schon von weit unten zu sehen. Dort oben angekommen, freute ich mich über einen kleinen Rastplatz mit Sitzmöglichkeit. Ich legte noch mal Sonnencreme nach und gönnte mir ein Gel. Während ich da so saß und die Aussicht genoss, überholte mich der ältere Franzose wieder. Ich hatte wohl zu viele Pausen und Fotostopps eingelegt.

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Ausblick von dem kleinen Rastplatz auf die Serpentinengruppe im Mittelteil des Anstieges zum Col de Turini

Es dauerte nach meiner Pause nicht lange, bis ich ihn wieder überholte. Er fuhr viel im Wiegetritt, kein Wunder bei der Übersetzung. Keine Ahnung was der Kerl gekettet hatte, aber mehr als 40 Umdrehung pro Minute brachte er keinesfalls zustande. Ich versuchte ein wenig auf französisch mit ihm zu labern. Er kam wohl aus Nordfrankreich und kannte Berge nur vom Hören-Sagen. Obwohl ich versuchte meine Geschwindigkeit ein wenig anzupassen, gab er mir bald zu verstehen, dass er langsamer fahren musste. Also setzte ich meine Fahrt alleine fort. Dann erreichte ich den Kilometerstein 14. Da der Anstieg gut 15 km Länge aufweist, war dies also meine ganz persönliche "Flamme Rouge", der letzte Kilometer Anstieg meines Urlaubes, Wehmut machte sich breit. Oben angekommen war ich dann erstmal ein wenig enttäuscht. So ein bisschen hatte ich gehofft, von hier oben vielleicht sogar das Meer zu sehen. Trotzdem war der Turini ein würdiger Abschluss. Ein guter Straßenbelag, abwechslungsreiche und teilweise kühne Streckenführung und stets eine schöne Aussicht ließen mein Herz nicht nur aufgrund der Anstrengung höher schlagen. Wieder gönnte ich mir einen kleinen Happen und wurde prompt wieder von meinem französischen Weggefährten überholt. Er hatte sich also bis hierher durchgekämpft und bog nun nach links ab, um auch noch die Panoramastrasse zu erklimmen. Und auch ich beschloss diesen Trumpf noch auszuspielen. Aus dem Internet wusste ich, dass dies noch mal mindestens 6 km und 400 hm bedeuteten. Aber noch fühlte ich mich einigermaßen fit und hatte außerdem die Hoffnung, dass die Straße ihrem Namen alle Ehre machen würde. Zum Abschluss meines Urlaubes noch ein schönes Panorama genießen zu dürfen, schob alle Zweifel beiseite. Auf einem schlechten Belag, der zwischendrin auch mal ganz fehlte, kämpfte ich mich also nach oben. Es dauerte natürlich nicht lange und ich überholte den Franzosen wieder, zum dritten Mal an diesem Tag! Die Aussicht wurde nun von mal zu mal besser, und ich musste mich förmlich zwingen, auf die Straße zu sehen. Zu verlockend waren die Gebirgsketten die sich nach und nach vor meinen Augen aufreihten. Allerdings sollte man sich wirklich nicht zu sehr ablenken lassen. Die Strasse ist wirklich in einem sehr schlechten Zustand. Steine, Schlaglöcher und eine insgesamt sehr holprige Asphaltdecke erfordern ein gewisses Maß an Konzentration. Ich erreichte eine Gasstätte und kurze Zeit später die zwei einzigen Serpentinen des Anstieges. Und dann war es da, das Meer.

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Auf der Panormastraße am Col de Turine. Das Meer kommt in Sicht

Was für ein Anblick. Hinter mehreren Gebirgszügen funkelte das blaue Meer und verschwamm am Horizont mit dem fast ebenso blauen Himmel. Von diesem Anblick konnte ich mich ab jetzt kaum noch lösen. Ich erreichte das Denkmal Baisse de Tueis und musste mich nun entscheiden. Der Panoramastraße nach rechts folgen und dadurch wieder etliche Höhenmeter verlieren oder weiter gerade aus, entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung weiter dem Gipfel entgegen. Höhenmeter hatte ich nun wirklich schon mehr als genug in diesem Urlaub bezwungen. Also entschloss ich mich, den kürzesten Weg zum Gipfel zu nehmen. Dies stellte auch gar kein Problem dar. Die Straße war bis auf zwei kurze Ausnahmen gut einsehbar. Außerdem war man hier ohnehin mal wieder fast alleine unterwegs. Nach etwas mehr als 2 km erreichte ich schließlich den Kulminationspunkt. Ich beschloss noch zu Fuß einen kleinen Hügel zu erobern und setzte mich oben angekommen ins Gras. Zwar sah man von hier das Meer nicht, dafür noch einmal Berge ohne Ende! Ein würdiger Abschluss eines schönen Urlaubs. Eine tiefe innere Zufriedenheit machte sich breit. Was hatte ich nicht alles in den letzten Tagen erlebt. Schlechtes Wetter und Pässe ohne Ende hatten sich mir in den Weg gestellt. Aber nun war ich hier, nur noch wenige Kilometer von Nizza entfernt und konnte das Meer fast schon riechen. Aber irgendwann gehen eben auch die schönsten Momente zu Ende. Ich machte mich also auf den Weg nach unten. Jetzt war natürlich noch viel mehr Vorsicht geboten, als beim Aufstieg.

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Kühe, Berge, Meer. Die Tolle Aussicht auf der Abfahrt der Panoramastraße am Col de Turini

Ohne Schaden erreichte ich aber wieder die Passhöhe des Col de Turini. Es folgte die Abfahrt in Richtung Nizza. Ich wählte die direkte Route nach rechts und nicht nach links über Sospel. Nach 2 kurzen Flachstücken konnte man es hier auf steiler und kurviger Straße noch mal richtig laufen lassen. Einzig der stellenweise holprige Asphalt störte dieses Vergnügen ab und an. Nach einiger Zeit gabelte sich die Straße erneut. Beide Wege führten nach Lucéram und Nizza. Ich wählte die linke Variante und fand mich schon bald in einem Gewirr von Serpentinen wieder. Eine wirklich imposante Streckenführung, leider nur mit ständigem Bremsen zu bezwingen.

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Serpentinen ohne Ende. Während der Abfahrt vom Col de Turini kurz vor Lucéram

Nachdem ich Lucéram erreicht hatte, war der Spuk vorbei. Jetzt konnte ich es richtig laufen lassen. Bis kurz vor L'Escarène musste ich nicht einmal an der Bremse ziehen. Die restlichen ca. 20 km bis Nizza zogen sich dann noch mal gewaltig. Auf nur noch leicht abfallender Straße musste ich nun wieder fleißig Mittreten. Über die D2204 erreichte ich zunächst Drap und schließlich Nizza. Der Verkehr nahm natürlich zu, je näher ich der Metropole kam. Aber außer einem nervigen Kreisverkehr in Nizza war alles gut zu fahren. Nun begann meine kurze Odyssee der Hotelsuche. Ich hatte natürlich im Vorfeld ein Hotel in der Nähe des Bahnhofs reserviert. Dummerweise war meine Wegbeschreibung aber auf ein anderes Hotel ausgerichtet, welches ich wohl ursprünglich buchen wollte. Nach zweimal fragen und dem ein oder anderen Fluch landete ich um 17.45 Uhr dann endlich im Hotel Comte de Nice. Nach 6:40 Fahrtzeit, 145 km und 2:800 hm endete die längste und leider auch letzte Etappe meiner Transalp Genf- Nizza. Im Hotel wurde sogar deutsch gesprochen und ich bekam zwei Zimmer zur Auswahl. Ich wählte das größere, duschte und freute mich, endlich meine Klamotten nicht mehr waschen zu müssen. Danach ging es in die Stadt etwas Essen und natürlich ans Meer.

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Nach 8 Tagen, 765 km, 18.500 hm und unendlich vielen Eindrücken am Ziel meiner Tour. Der Strand von Nizza

Außerdem freute ich mich noch, dass ich auf meinem Zimmer Sat1 empfangen konnte und durfte so mit einer Tüte Chips in der Hand live miterleben, wie sich der BVB den Liga-Total-Cup sicherte. Dann fiel ich todmüde ins Bett. Am nächsten Tag gab es ein leckeres Frühstück. Und da ich heute keinen Anstieg vor der Nase hatte, wurde das Buffet auch reichlich genutzt. Danach ging es zum Bahnhof und pünktlich um 10:59 verließ ich Nizza mit dem TGV Richtung Genf. Die 5 Radabstellplätze waren zu diesem Zeitpunkt alle noch leer. Das sollte sich aber noch ändern. Zunächst kamen zwei Jungs, von denen einer nicht reserviert hatte. Da aber noch Platz war, wurden die Räder natürlich trotzdem befördert. Später stieg noch ein Schweizer mit seinen zwei Söhnen dazu. Dieser hatte zwar drei Plätze reserviert, aber jetzt natürlich einen zu wenig. Da außerdem etliche Gäste das Radabteil als Gepäckablage benutzt hatten, brach erstmal ein kleines Chaos aus. Ich schaute daher kritisch nach meinem Rad. Schließlich hatte ich nicht 10 Euro bezahlt um mir dann das Rad zerkratzen zu lassen. Schließlich fand aber alles seinen Platz und so erreichte ich ohne weitere Zwischenfälle Genf. Dort ausgestiegen setzte ich mich aufs Rad und kaum saß ich, fing es an zu regnen. Der Kreis schloss sich also. Der Urlaub endete, wie er begonnen hatte. Nach 10 km erreichte ich patschnass aber glücklich mein Auto. Meine Tour war zu Ende!



Übersicht


Fazit:

Wie immer nach meinen Berichten, gibt es natürlich auch hier ein kurzes Fazit. Wobei es mir diesmal schwer fällt, es wirklich kurz zu halten. Ich habe einfach soviel in diesen 8 Tagen erlebt, so viele unterschiedliche Eindrücke gesammelt. Aber ich versuch es trotzdem mal:


1. Die Strecke: Insgesamt vielleicht ein wenig zu optimistisch bei meinem Trainingsstand. Wenn man an 4 von 7 Tagen fix und fertig am Ziel ankommt, hat das mit Urlaub nicht mehr viel zu tun. Wobei mich eh immer alle fragen, wie man so etwas im Urlaub machen kann. Natürlich ist es keine körperliche Erholung. Als Beamter der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, brauch ich das aber auch nicht. Ich sag immer, es ist halt Erholung für den Geist. Und dass Quälen und sich Schinden untrennbar mit diesem Sport verbunden sind, wissen wir nicht erst seit Udo Bölts. Aber dieses Mal war es wohl ein wenig zu viel des Guten. Die Strecke wäre bei optimalen Bedingungen vielleicht locker zu schaffen gewesen. Aber Wind, Regen, Kälte und Hotelsuche können bei so einer Tour eben immer vorkommen. Von daher gilt es, diese Dinge das nächste Mal zu berücksichtigen und nach dem Motto Weniger ist manchmal Mehr zu planen. Landschaftlich war es auf jeden Fall traumhaft. Ob Izoard, Galibier, Allos oder Turini, es gab etliche Pässe an denen ich alle 5 Minuten ein Photo hätte schießen können. Leider habe ich am Cormet de Roselend und natürlich am Bonette so gut wie nichts gesehen, weshalb diese Pässe sicher noch einmal unter die Räder genommen werden müssen. Den Bonette werd ich trotzdem mein Leben lang nicht vergessen!


2. Die Ausrüstung: 10 von 10 Punkten würde ich sagen. Die Gewichtsverteilung war optimal. Ich hatte nie Probleme mit dem Rucksack. Die Lenkertasche mit den ganzen Toilettenartikeln hat sich voll bewährt. Dass dann auch noch genau mein Photo rein passte und ich somit ohne große Zeitverzögerungen Photos schießen konnte, war natürlich die Krönung. Ich hatte auf der Reise nie etwas vermisst und hatte auch nicht das Gefühl etwas Unnützes dabei zu haben. Einzig eine wärmere Windjacke wäre vielleicht eine Überlegung wert. Allerdings muss ich gestehen, dass ich meine nassen Klamotten auf den Pässen nie ausgezogen habe, sondern einfach trockene warme Kleidung drübergezogen habe. Evtl. liegt ja auch hier das Problem mit dem ständigen Frieren bergab.


3. Die Planung: Ich hab ja zu Beginn schon geschrieben, dass ich sehr viel Zeit in die Planung gesteckt habe. Meines Erachtens hat sich das aber durchaus bezahlt gemacht. Ich fühlte mich einfach auf der ganzen Tour gut auf das vorbereitet, was mich Erwartete. So eine Transalp ist schon anstrengend genug. Da will ich nicht abends noch überlegen, wo ich denn am nächsten Tag lang fahren soll. Den ein oder anderen "Notausgang" wie bei mir das Weglassen des Col d'Agnel vorher schon durchdacht zu haben, schadet daher sicher auch nicht. Das DinA4-Blatt mit allen wichtigen Daten jeder einzelnen Etappe, welches ich immer vorne in der Lenkertasche hatte, hat sich auch bewährt. So musste ich nie umständlich in die Karte blicken und wusste an den Anstiegen immer genau, was mir als nächstes blüht. So kann man dann auch seine Pausen vernünftig planen. Wer sich schon mal direkt vor einem Steilstück den Magen vollgeschlagen hat, weiß wovon ich rede. Vorher schon eine Wegbeschreibung zu den Tourismus-Büros zu haben, hat mir auch geholfen. Gerade nach einer harten Etappe, wenn man nur noch müde und halb im Delirium in einer Stadt ankommt, ist es einfach hilfreich. Ich war jedenfalls manchmal froh, nur noch streng nach Plan zu fahren und nicht nach irgendwelchen Schildern Ausschau halten zu müssen, geschweige denn vielleicht selbst ein Hotel zu suchen. Die Hotels nicht vorzubuchen macht natürlich auch Sinn. Wie ich ja selber feststellen musste, gibt es einfach zu viele Unwägbarkeiten, obwohl ich in Barcelonnette mein letztes Hemd für ein reserviertes Hotel gegeben hätte :-) Insgesamt hat mir diese Woche aber unglaublich viel Spaß gemacht und es war sicher nicht die letzte Tour nur mit Rad und Rucksack. Das ständige Auswaschen der Klamotten geht einem zwar irgendwann auf den Sack. Andererseits vermittelt es auch ein Gefühl von Freiheit, keinen festen Standort zu haben, und jeden Tag irgendwo anders zu übernachten. So, mehr fällt mir derzeit nicht ein, ist aber auch mehr als genug glaube ich. Wer es tatsächlich vom Anfang bis hierher geschafft hat, dem sei gesagt: Respekt, du schaffst auch den Bonette bei Schnee!

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