Nach einem Jahr Babypause war es dieses Jahr endlich wieder soweit und die Alpen durften erobert werden. Mehr als 4 Nächte wollte ich die Familie nicht alleine lassen. Da ich aber wie jedes Mal schon am An- und Abreisetag eine Tour fahren wollten, kamen immerhin fünf Touren zusammen. Und wie auch bei meiner letzten Alpentour sollte mich auch diesmal wieder mein Mountainbike über die Berge tragen, oder umgekehrt, das weiß man ja nie :-) Und auch meine dritte Mountainbike-Tour sollte mich wieder in die Westalpen nach Bardonecchia und Briancon führen. Ich liebe diese Gegend einfach. Da ich bei meinen bisherigen Mountainbike-Touren häufig sehr optimistisch geplant hatte und aufgrund der Ungewissheit dessen was noch alles vor mir lag oftmals Hektik aufkam, wollte ich dieses Mal alles ruhiger angehen. Also wählte ich zum Großteil Touren, die ich schon kannte und modifizierte diese nur. Ich fuhr am Vorabend meiner ersten Tour zu meiner Schwester in die Nähe von Freiburg und übernachtete dort. Um 4:30 Uhr klingelte dann der Wecker und nur 10 Minuten später saß ich schon im Auto Richtung Frankreich. Die Fahrt lief prima und ich benötigte nur eine kurze Pause. Wie geplant erreichte ich um kurz nach 10 Uhr Bramans kurz hinter Modane und parkte dort mein Auto. Ich packte meinen Sachen zusammen, bestehend aus einer kleinen Lenkertasche und einem 25l Rucksack und startete die erste Tour um 10:20 Uhr. Glücklicherweise war es noch nicht ganz so heiß und ich konnte mich auf der leicht ansteigenden Straße nach Val Cenis gemächlich einrollen.
So kam ich gut voran und erreichte 8 km und etwa 20 Minuten später Val Cenis. Hier begann der Anstieg zum Fort de la Turra. Die ersten knapp 10 Kilometer kannte ich bereits, weil sie mit dem Anstieg zum Col de la Solliere identisch sind. Es ging zunächst erstmal steil und noch auf ordentlichem Teerbelag voran. Hier fuhr man auch noch in der Sonne und so kam ich auch schnell ins Schwitzen. Bald schon erreichte ich aber den Wald und auch die Steigung ließ etwas nach, außerdem wechselte der Belag auf Schotter. Trotzdem fuhr ich fast den gesamten Anstieg auf den ersten drei Ritzeln. Bei einer Vorbereitung von 500 km die sich eigentlich auf die letzten sechs Wochen beschränkte, kann man eben auch keine gute Form erwarten. Ich kam aber vernünftig voran, trotzdem fühlte ich mich nicht wirklich gut. Ich hatte irgend so ein flaues Gefühl im Kopf. Wenig Schlaf, 6 Stunden Autofahrt und keine Akklimatisierung sind halt auch nicht grade förderlich.
Die vielen Serpentinen und der schattenspendende Wald machten die Sache aber erträglich. Wie erwartet, war ich hier fast alleine unterwegs und traf niemanden. Die Aussicht in diesem ersten Teil lässt noch zu wünschen übrig. Aber das kannte ich ja schon. Mit zunehmender Dauer fragte ich mich immer öfters, wann denn endlich das Replat des Canons kommen würde. Um 12 Uhr und damit ziemlich genau nach Plan erreichte ich schließlich die kleine Hütte, die sogar scheinbar bewirtet war. Ich fuhr daran vorbei und suchte mir kurz danach ein schönes schattiges Plätzchen, machte eine kleine Pause und stillte meinen Hunger.
Nach ca. 15 Minuten setzte ich meine Fahrt gestärkt und gut gelaunt fort. Es ging zunächst flach weiter und sogar ein kurzes Stück bergab. Allerdings wurde die Piste danach schlechter und ich musste sogar mal ein kurzes Stück schieben. Wie ein Blick in die Karte später zeigte, bin ich aber auch ein kurzes Stück vom eigentlich geplanten Weg abgekommen. Könnte gut sein, dass ansonsten alles fahrbar gewesen wäre. Schon kurz nach dem Replat konnte ich hoch über mir bereits das Fort sehen. Der Rest bis dahin war dann ausnahmslos fahrbar. Die Ausblicke wurden nun auch immer besser. Ich kam gut voran und erreichte noch relativ frisch um 13:10 Uhr das Fort. Ich stellte direkt mein Rad ab und checkte erstmal die Aussicht. Wie erhofft, war sie einfach fantastisch. Zum einen der Blick hinab ins Tal nach Lanslevillard und den weiteren Weg Richtung Col de l'Iseran. Zum anderen auf die Passhöhe des Col du Mont Cenis und natürlich den Blick auf den Lac du Mont Cenis. Die durchaus vorhandenen Anstrengungen bis hierher zu kommen waren sofort vergessen. "Alles richtig gemacht", dachte ich mir nur.
Leider konnte ich das für den Rest des Tages nicht mehr sagen. Aber der Reihe nach. Ich machte nur eine kurze Pause, aß noch eine Kleinigkeit und setzte meine Fahrt dann fort. Leider konnte man von Fahren aber nicht reden. Der Weg bergab war katastrophal. Steil, komplett verblockt und in kurzen Stücken sogar mit Seilen gesichert. Ich hatte stellenweise Mühe mich und mein Bike überhaupt sicher runterzubringen. An Fahren war hier für mich im Traum nicht zu denken. Erst später saß ich immer mal wieder kurz auf dem Rad. Gott sei Dank waren beim Abstieg nur gut 400 Tiefenmeter zu überwinden. So erreichte ich dann trotzdem relativ zügig um ca. 14:00 Uhr die Passstraße kurz vor dem Lac du Mont Cenis. Der Weiterweg zum Refuge du Petit Mont Cenis war dann leider auch viel anstrengender als gedacht. In Zahlen waren es nur 140 hm und etwa 7,5 km. Allerdings hatte ich ziemlichen Gegenwind, die Strecke ist extrem unrhythmisch und ich war wahrscheinlich auch schon leicht angenockt. Um etwa 14:30 Uhr erreichte ich das Refuge und machte erstmal 20 Minuten Pause.
Ich fragte beim Wasserflaschen füllen noch schnell nach dem Weiterweg zum Col Clapier und verstand einfach nach dem Refuge weiter geradeaus. Also setzte ich meine Fahrt um 14:50 Uhr fort. Ich war allerdings schnell überrascht, dass mit Fahren nicht viel ging. Das Ganze war eher ein verblockter relativ steiler Wanderweg. Hier sollte doch früher mal ne Straße hochgegangen sein. Eigentlich dachte ich, ich würde hier fast alles fahren können. Als mir nach einer Weile von oben zwei italienische Mountainbiker entgegenkamen, fragte ich diese nach dem Weg. Die Antwort war wenig ermunternd. Der Weg führte zwar auch zum Col aber mit reichlich extra Höhenmetern und auch unfahrbar. Ich solle besser umdrehen und zum Refuge zurück. Dort weiter zum Col du Petit Mont Cenis und dann die alte Fahrtstraße hoch. Na schön, Umwege konnte ich heute eigentlich keine mehr gebrauche, ich war ohnehin schon sehr spät dran. Aber es half ja nichts, das hier machte ja auch keinen Sinn. Also zurück zum Refuge und weiter wieder unrhythmisch zum kleinen Bruder des Col du Mont Cenis. Die Weiterfahrt Richtung Col Clapier war dann zunächst ok und auch fahrbar, so fasste ich neuen Mut.
Ich war nicht lange unterwegs, da hörte ich plötzlich das Zischen, welches kein Radfahrer hören möchte. Ich hatte mir den Reifen platt gefahren. "So ein Müll", dachte ich mir, "das fehlt mir jetzt grade noch". Ich versuchte die Folgen auszublenden und wechselte den Schlauch, brauchte aber fast 15 Minuten. Da das Loch direkt am Ventil war, war flicken nicht möglich. Ich hatte jetzt also nur noch den Ersatzschlauch, der musste halten. Leider wurde der Weg danach auch schlechter. Außerdem traute ich mich nicht mehr mit Speed über jeden Stein zu jagen. Noch ein Reifenschaden und ich würde den Rest des Tages laufen. Der Weg nahm gefühlt kein Ende und es dauerte bis ich endlich um 16:35 den Lac de Savine erreichte. Eigentlich dachte ich mir, dass ich bis hierher hätte fahren können, tja falsch gedacht.
Ich war mittlerweile ziemlich müde. Gott sei Dank erreichte ich nach 10 Minuten endlich um 16:45 Uhr den Col Clapier. Hannibal der angeblich hier mit seinen Elefanten die Alpen überquert haben soll, konnte nicht müder gewesen sein. Die Aussicht hier oben hielt sich leider in Grenzen und so machte ich auch angesichts der fortschreitenden Zeit kaum Pause. Was folgte war wohl einer der härtesten Abfahrten meiner noch kurzen Mountainbike Karriere, eben weil es quasi nichts zu fahren gab. Es war eine unglaubliche Plackerei. Teilweise war zwar eine alte Straße zu erahnen aber an Fahren war für mich im Grunde nicht zu denken. Da ich schon sehr spät dran war versuchte ich trotzdem ordentlich Tempo zu machen. Gepaart mit meiner fortschreitenden Müdigkeit war das eine gefährliche Kombination. So stolperte ich etliche Male und knickte oft auch mit dem Sprunggelenk um, weil ich den Fuß nicht sauber aufsetzte. Ehrlich gesagt empfinde ich es rückblickend fast schon als kleines Wunder, dass mir auf dem Weg bergab nichts passiert ist.
Später erreichte ich einen etwas besseren Wiesenweg, der zum Teil so zugewachsen war, dass man auch wieder nicht fahren konnte. Danach tauchte ich in den Wald ein, auch dort waren aber immer wieder fußballgroße Steine, die eine Fahrt unmöglich machten. Erst nach einer guten Stunde wurde der Weg besser und kurz danach erreichte ich endlich und überglücklich Asphalt unter meinen Reifen. Zu der Zeit ahnte ich noch nicht, dass es noch eine Überraschung geben würde. Ich rollte locker für 10 Minuten bergab und befand mich wenige Kilometer vor meiner gebuchten Unterkunft, da hörte ich wieder ein Zischen. Ich konnte es erst gar nicht glauben. Ich war hier auf relativ gutem Asphalt unterwegs. Ein Blick nach unten bestätige aber meine Befürchtungen, ich hatte den nächsten Platten. Meine folgenden Flüche erspare ich euch. Ich beschloss gar nicht erst zu versuchen den Reifen zu flicken und wanderte fortan. Nach einer Weile kam mir von untern ein italienisches Rennradpaar entgegen, die mir fast 10 Minuten versuchten zu helfen und mir sogar noch Wasser in meine leeren Flaschen füllten. Mein Reifen war nun wieder prall voll und ich versuchte den Umstand zu nutzen und machte Meter. Es ging keine Minute, da war er wieder platt, aber ich war wenigstens etwas vorangekommen. Ich ließ meinen Sattel runter, setzte meinen Arsch dahinter und schlidderte mit 15 km/h den Berg runter, immer hoffend, dass der Mantel auf der Felge blieb. Im Gegensatz zum Rennrad funktionierte dies aber und so erreichte ich fix und fertig um 19:00 Uhr mein Hotel. Meine reine Fahrtzeit betrug 7:16 h, dabei legte ich 66 km, und quälte mich 1.900 Höhenmeter nach oben. Ich duschte schnell, wusch meine Sachen und ließ mir eine Pizza kommen. In meinem Zimmer war es sehr warm und ich war nur am Trinken. Ich hatte sicherlich tagsüber viel zu wenig getrunken. Außerdem war ich auch ziemlich kaputt und konnte so nur ne 3/4 Pizza essen. Versuche meine Reifen zu flicken, scheiterten kläglich. Beide waren direkt am Ventil gerissen. Es war klar, dass mein Felgenband ein Problem hatte und ich für den nächsten Tag weit mehr als nur neue Schläuche brauchen würde.
Die Nacht war dann verhältnismäßig gut. Wenn man sich an einem Tag zu sehr verausgabt, ist meistens auch die Nacht nicht erholsam. Ich stand um 6:30 Uhr auf und packte meine Sachen zusammen. Das Frühstück war ganz ok, es gab ein wenig Müsli, Brötchen, Wurst, Käse, Honig und Schoki. Ich hatte morgens versucht meiner Gastgeberin mein Problem mit dem Rad zu erklären und obwohl ich kein Wort italienisch kann und unser beider Englisch sicher auch nicht perfekt war, konnte ich in Erfahrung bringen, dass es in Susa ein Bikegeschäft gibt, das auch Reparaturen durchführt. Ich versuchte vor der Abfahrt nochmal Luft in den Reifen zu pumpen, aber das war vergeblich. So wählte ich halt wieder meine bewährte Sitzposition und rollte, Gott sei Dank fast nur bergab, nach Susa. Fünf Minuten vor der Öffnungszeit des Radladens kam ich superpünktlich an. Der Inhaber war dann super. Er wechselt in 15 Minuten meinen Schlauch samt Felgenband und Mantel. Ich kaufte mir noch einen Ersatzschlauch und war zufrieden, dass der zweite Urlaubstag erstmal gerettet war. Der Laden heißt übrigens Nonsolobici. Es ging dann zunächst steil bergauf nach Meana di Susa. Dort machte ich längere Zeit Pause und wartete auf den Zug während ich mit einem Italiener quatschte der in Susa arbeitete. Es folgte eine zwanzig minütige Zugfahrt nach Salbertrand, ehe ich dann um 10:30 Uhr endlich meine zweite Tour startete. Völlig unerwartet tröpfelte es hier leicht, aber es war wohl nur ein kurzes Intermezzo, denn nach ein paar Minuten schien die Sonne wieder.
Zunächst ging es auf Teer und ziemlich steil bergauf Richtung Pramand. Ich fuhr alles in der Sonne und da es schon Richtung elf Uhr ging, war es dementsprechend heiß. Ich schwitzte jetzt schon ordentlich und es war klar, dass wenn das Wetter so bleiben würde, mir ein harter Tag bevorstehen würde. Nach einiger Zeit erreichte ich den Schotterbereich und dachte eigentlich, ich könnte hier schon mal meine Wasserflaschen füllen. Aber ich fand keinen Brunnen. Da aber auch ein paar Häuser in der Nähe waren, wollte ich dort fragen, ob ich meine Wasserflaschen füllen konnte. Ich wusste ja von der letzten Tour zum Monte Jafferau, dass es unterwegs kaum Wasser gab. Ich fand zwar nirgends eine Klingel, dafür aber einen Wasserhahn. "Wird schon keiner was dagegen haben", dachte ich mir, füllte meine Wasserflaschen und setzte die Fahrt fort. Die Steigung ging danach leicht zurück und die Naturstrasse war auch problemlos zu fahren. Tatsächlich fing es auch wieder an leicht zu tröpfeln. Ich war aber eigentlich um jede Wolke froh und machte mir keine Sorgen, dass es einen richtigen Wetterumschwung geben konnte. Nach 10 Kilometer machte ich eine erste kurze Pause. Es folgte die erste kleine Flussüberquerung und die ersten Serpentinen. Danach wurde es kurz mal etwas flacher ehe die Steigung nochmal richtig anzog. Der Belag wurde jetzt auch etwas schwieriger zu fahren und ich spürte jetzt schon die Anstrengungen des Vortages. Die Sonne kam wieder raus und ich schwitzte unaufhörlich. Die späte Abfahrtszeit machte sich jetzt bemerkbar.
Es ging anschließend steil weiter und es gab nur ganz wenige flachere Abschnitte. Ich litt jetzt bereits und sehnte mir die erste Zwischenstation, den Abzweig zum Fort Pramand herbei. Teilweise machte ich alle 500 Meter eine ganz kurze Pause. Kurz bevor ich den Abzweig endlich erreichte, zog die Steigung noch einmal an. Schon ziemlich müde erreichte ich den Abzweig dann endlich. Ich hatte nicht geplant das Fort noch mitzunehmen und verschwendete auch kein Gedanken daran den Plan zu ändern. Ich machte eine kurze Pause, aß etwas und setzte meine Fahrt fort. Es ging jetzt ein kurzes Stück flach weiter, ehe ich das Tunnelportal erreichte. Ich verstaute wieder alles sicher im Rucksack, machte meine Lichter an und wagte mich hinein. Wobei man sagen muss, dass der Tunnel wirklich kein Problem darstellt. Es hat halt in der Mitte zwei Knicke, so dass man einen Großteil komplett im Dunkeln fährt. Auch von der Decke tropft es immer wieder. Aber der Belag ist super zu fahren. Erst kurz vor dem Schluss wenn man das Licht am Ende des Tunnels schon sieht, kommt noch mal eine Senke in der das Wasser steht. Das ist dann immer etwas unangenehm, weil man nicht weiß, wie tief es ist. Bei mir waren es keine 10 Zentimeter und daher problemlos zu durchfahren.
Ich hatte im Vorfeld gehofft, dass ich kurz danach an einem Gebirgsbach meine Wasserflaschen füllen konnte. Jetzt sah ich sogar, dass ein paar Meter weiter oben ein Brunnen war. Glücklich stapfte ich nach oben, hielt meinen Kopf unters Wasser und füllte meine Flaschen. Es war jetzt kurz nach 13 Uhr und ich fühlte mich so erfrischt wenigstens wieder ein bisschen besser. Daher war klar, dass ich dieses Mal auf jeden Fall wieder bis zum Gipfelfort und nicht nur bis zum Col Basset fahren wollte. Es ging zunächst etwas flacher weiter, bis ich auf die Auffahrt von Savoulx stieß.
Danach wurde der Weg wieder etwas besser, es zog sich aber ewig und ich musste ordentlich kämpfen. Ich erreichte die Stelle, an der ich vor zwei Jahren aufgrund eines Hinterraddefektes vom Rad musste. Jetzt war es nicht mehr weit und mein Rad diesmal in Ordnung. Kurze Zeit später erreichte ich endlich um kurz vor 15 Uhr den Col Basset. Kurze Zeit überlegte ich, ob ich wirklich bis zum Fort hoch soll. Es war schon ziemlich spät und ich wusste nicht wie lange das Touri-Büro in Bardonecchia offen hatte. Aber innerhalb von zwei Jahren gleich zweimal den Gipfel nicht zu machen, war eigentlich keine Option.
Die Fahrt zum Monte Jafferau ging dann ganz gut. Es ist zwar etwas unrhythmisch mit kurzen Zwischenabfahrten, aber letztlich überwindet man bis zum Einstieg nur 50 Höhenmeter. Ich wurde hier auch von einem E-Bike Pärchen überholt. Eine der wenigen Begegnungen bis hierhin. Bis auf vier Motoradfahrer und fünf Jeeps die mir kurze Zeit später entgegen kamen, war auch vom motorisierten Verkehr nichts zu sehen. Als ich den Abzweig zur Abfahrt zum Fort Foens passierte, sah ich das Schild mit einem Radfahrer drauf. Na wenn die Abfahrt offiziell als Radweg ausgeschildert ist, kann sie ja nicht so schwer sein. Ich hatte sie vor Jahren außen vor gelassen, weil ich mir nicht sicher war, ob sie für mich fahrbar war. Auch den Schlussanstieg bewältigte ich dieses Mal fast komplett. Mit etwas mehr Kraft in den Beinen wäre sicher alles fahrbar. Am Rand ist meist eine feste Spur und mehr als 10% Steigung dürfte der Weg auch nicht haben. Andererseits spürt man hier die Höhe natürlich schon. Ohne große Pause erreichte ich schließlich um ca. 15:50 Uhr den Gipfel und war erleichtert. Ich machte eine längere Pause und genoss das super Panorama.
Ich schaute mir diesmal auch die eine oder andere Ruine an. Hier oben kann man schon ein wenig Zeit verbringen, wenn man sie denn hat. Ich war natürlich spät dran und dehnte meine Pause nicht unnötig aus und setzte meine Fahrt um 16:10 Uhr fort. Die Abfahrt war dann zunächst kein Problem. Ich merkte aber schnell, dass meine Beine die Aktivposition nicht mehr wirklich akzeptierten. Als ich unten war, telefonierte ich noch kurz mit meiner Frau und ließ mir die Öffnungszeiten des Touri Büros in Bardonecchia durchgeben. Dummerweise hatte ich hier oben keinen Internetempfang. Die Weiterfahrt zum Fort Foens war dann zu meiner Überraschung selbst für mich zum großen Teil fahrbar. Ich fand einen guten Mix zwischen "ich traue mir was" und "da steig ich mal lieber kurz ab". Insgesamt war ich aber sehr zufrieden mit mir. Da ich sehr vorausschauend fuhr, musste ich wirklich nur dort absteigen, wo es mir zu gefährlich wurde und nicht weil ich Angst hatte, bei der nächsten Schwierigkeit anhalten zu müssen und dann nicht aus den Klickpedalen zu kommen. Für einigermaßen versierte Fahrer sollte hier aber fast alles fahrbar sein. Der Weg ist stellenweise nur handtuchbreit und auch etwas ausgesetzt. Aufgrund meiner Höhenangst, stieg ich auch da manchmal vorsichtshalber ab.
Relativ zügig erreichte ich dann das Fort Foens. Die Aussicht ist dort aber nichts Besonderes, genau so wenig wie die Anlage selbst. Da zu diesem Zeitpunkt auch einige Jeeps vor Ort waren, suchte ich rasch das Weite. Die folgende Abfahrt auf einem wunderschönen S1 Trail kannte ich dann schon. Ich musste trotz des leichten Trails 2-3 mal halten und meine Bremsen kühlen. Und wohl auch, um meinen Beinen eine Pause zu gönnen. Ansonsten hätte man hier komplett durchrauschen können. Nach den ganzen Höhenmetern merkt mal halt auch bergab jeden Tiefenmeter. Da es auch schon wieder sehr spät war, beschloss ich, nicht auf dem Trail bis ins Tal zu fahren, sondern den mir ebenfalls bekannten Weg nach Gleise einzuschlagen. Dort angekommen ging es dann auf Asphalt Richtung Bardonecchia und ich war froh es endlich locker im Sitzen ohne jede Anstrengung bergab laufen lassen zu können.
Um 17:30 Uhr war schließlich meine zweite Tour nach 5:30 h reine Fahrtzeit, 45 km und 1.800 hm zu Ende. Ich buchte mir im Touri-Büro ein Zimmer im Hotel Europa und suchte noch einen Supermarkt auf. Beides ging länger als gedacht weil ich erst mal eine Weile suchen musste. Mittlerweile sollte ich mich eigentlich in Bardonecchia einigermaßen auskennen. Danach ging es gleich ans Duschen und Klamotten waschen. Abends ging ich mir auf der Suche nach einem Restaurant wieder ein wenig die Beine vertreten und gönnte mir schließlich eine kleine Portion Tagliatelle und Salat. Zurück im Zimmer stellte ich fest, dass das Hotel seinen Namen zu Recht trug: Ich hatte tatsächlich deutsche Fernsehsender, wenn ich auch bis auf Sendeplatz 500 zappen musste. Radfahrer haben eben Ausdauer :-)
Ich schlief ganz gut, wohl auch weil es einigermaßen kühl und die Matratze gut war. Ich hatte abends noch umgeplant. Eigentlich war geplant heute über den Col de l'Echelle und dann weiter über das Fort d'Olive zum Col Granon zu fahren. Aber nach den ersten beiden harten Tagen, musste ich bereits an Tag 3 die Reißleine ziehen. Also beschloss ich, nur über den asphaltierten Col de l'Echelle nach Briancon zu fahren und so einen halben Ruhetag zu haben. Zunächst mal ließ ich mir morgens und auch beim sehr guten Frühstück ausgiebig Zeit. Ich hatte heute reichlich davon, da ich auch nicht zu früh in Briancon ankommen wollte. Schließlich konnte ich erst ab 14:00 Uhr ins Hotel. Erst um 9:45 Uhr startete ich meine dritte Tour. Schon nach 5 Minuten musste ich mein Funktionsshirt wieder ausziehen, weil ich dermaßen schwitzte. Der Verkehr war selbst im unteren Bereich mäßig, der Anstieg anfangs aber sehr unrhythmisch. Zwar nie wirklich steil aber so direkt vom Start weg bergauf zu fahren, ist halt auch so schon anstrengend.
Den Beginn des Anstieges mit seinen zwei langen Serpentinen konnte man schon früh erahnen. Ich wurde hier ab und zu von Rennradlern überholt, ansonsten war nach Melezet nichts mehr los. Ich kam ordentlich ins Schwitzen und versuchte einen guten Tritt zu finden. Teilweise fuhr ich bei 8% Steigung schon auf dem größten Ritzel. Aber das ganze sollte heute ja auch eine Regenerationsfahrt sein. Trotzdem kam ich gut voran. Nach der zweitletzten Kehre die man von unten schon sah, wurde es richtig steil. Dann folgten zwei ganz kurze Tunnels, die man problemlos auch ohne Licht befahren konnte. Danach erreichte ich oben eine wunderschöne Hochebene. Saftig grünes Gras und dunkelgrüner Lärchenwald. Ich dachte alle paar Meter, hier könnte ich super Pause machen. Ich fuhr aber noch eine ganze Weile ehe ich endlich Rast machte. Ich aß etwas und legte mich einfach nur ins Gras und genoss die Ruhe.
Es folgten die letzten Meter weiterhin fast flach zum Col de l'Echelle. Danach folgte die Abfahrt. Es hätte laut Karte direkt in der ersten Serpentine einen Trail geben sollen. Ich sah ihn beim Runterrollen aber nicht und hatte auch keine Lust groß zu suchen. So folgte ich einfach der Straße bergab Richtung Roubion. Danach folgte die Abfahrt nach Briancon. Ich versuchte einmal auf der anderen Fluss-Seite den Schotterweg zu finden. Das ging einmal in die Hose und so ließ ich es einfach bleiben und rollte weiter die Straße entlang. Viel los war hier eh nicht. Die Abfahrt war anfangs noch sehr schnell, danach flachte die Straße ab und es zog sich gefühlt ewig. Ein wenig Gegenwind durfte natürlich auch nicht fehlen. So war ich froh, dass ich um 12:30 Uhr nach 1:49 h reiner Fahrtzeit, 543 hm und 35 km schließlich Briancon erreichte.
Das Zimmer im Hotel Mont Brison war Gott sei Dank schon fertig. Es war zwar klein, aber sauber und leider auch sehr warm. Ich plünderte den Supermarkt direkt gegenüber und kaufte erstmal ordentlich Lebensmittel ein. Danach duschte ich und legte mich erstmal pennen. Erst dann wusch ich meine Klamotten und schaute etwas Tour de France. Danach ging es in die Stadt und ich brauchte ewig, bis ich ein passendes Restaurant fand, obwohl es daran in Briancon nicht mangelte. Aber der Thailänder den ich noch vom letzten Mal kannte hatte Mittwochs zu und auch meine zweite Anlaufstelle hatte an dem Tag keine warme Küche. Ich landete schließlich im L'alpine und aß einen leckeren Burger mit Pommes. Abends ging es dann endlich mal nicht fix und fertig ins Bett.
Ich hatte nachts wie so oft nicht gut geschlafen, weil es mir einfach zu warm war. Dazu kam noch nächtliches Glockengeläut. Trotzdem weckte mich morgens um 6:30 Uhr der Wecker. Ich spürte sofort nach dem Aufstehen, dass sich meine Beine deutlich besser anfühlten, als am Tag zuvor. Sollte der halbe Ruhetag tatsächlich zur Regeneration beigetragen haben? Ich frühstückte gut und reichlich, wahrscheinlich zu reichlich, ob der Tatsache, dass es direkt vom Start weg bergauf ging. Ich packte meine Sachen und kam superpünktlich um 8:15 Uhr los. Ich folgte zunächst bergauf der Straße Richtung Col d'Izoard und bog nach 3,5 km nach links zum Fort des Tetes ab. Die Steigung bis hierher war zwar auf dem Papier angenehm. Aber wie immer wenn man vom Start weg bergauf fährt, reichte es aus, den Puls nach oben und den Schweiß nach außen zu befördern. Trotzdem merkte ich hier bereits, dass meine Beine in Ordnung waren und ich heute wieder ordentlich Höhenmeter machen konnte. Es war auch noch angenehm kühl trotz des weiterhin sonnigen Wetters. So pedalierte ich gut gelaunt gen Fort. Anfangs war über mir noch teilweise das Fort du Randouillet zu erkennen, ansonsten sah man das Fort des Tetes immer direkt vor einem.
Ich fuhr durch einige erste Befestigungsanlagen und erreichte den Parkplatz oberhalb des Forts. Von hier an wechselte der Belag von Asphalt auf problemlos zu fahrende Schotterstraße. Ich nahm wie geplant den Weg rechts hinter dem Gebäude und tauchte kurz danach in den Wald ein. Offiziell war dieser Weg für alles was einen Motor hat gesperrt. Mich überholte kurz danach trotzdem ein Motocrosser. Aber das sollte für lange Zeit auch die einzige menschliche Begegnung bleiben. Kurz danach folgte ein weiterer Abzweig nach rechts. Der Weg wurde nun deutlich schlechter, war aber immer noch ohne Probleme zu fahren. Die Steigung dürfte immer knapp über 10% betragen haben. Es lag zwar viel grober Schotter und war teilweise auch lose und ausgewaschen. Aber letztlich waren nur wenige Stellen knifflig und mit etwas mehr Geschwindigkeit zu überwinden. Trotz des schattenspendenden Waldes kam ich gut ins Schwitzen. Und das obwohl es weiterhin fast ein wenig kühl für die Kombi Kurz/Kurz war. Aber genauso fahre ich ja am Liebsten. Es folgten viele Serpentinen und ich wunderte mich teilweise, dass ich bei Steigungen um die 11% so gut und scheinbar mühelos vorankam. Ich erreichte bald den ersten Vorposten und durfte die letzten beiden längeren Serpentinen sogar teilweise auf weichem Waldboden zurücklegen. An einem großen noch gut erhaltenen Gebäude machte ich eine längere Pause und genoss die tolle Aussicht.
Das Fort de Infernet war nun teilweise hoch über mir schon zu erkennen. Der Weg wurde nun wieder etwas schwieriger, da enger und auch steiniger. Bis auf ein paar Meter war aber alles weiterhin fahrbar. Ich erreichte den Abzweig Richtung Col du Gondran den ich später fahren wollte und war zufrieden, dass diese fahrbar aussah. Ich aber setzte meine Fahrt fort und erreichte um 11 Uhr das Fort de Infernet. Das Panorama von hier oben war einfach fantastisch. Berge wohin das Auge reicht. Ich traf oben auf einen Wanderer, ansonsten war ich alleine und machte noch mal eine längere Pause.
Nach einer längeren Pause machte ich mich an die Abfahrt. Kurze Zeit später stand ich wieder am Abzweig zum Col du Gondran. Mir kamen hier drei Montainbiker und zwei Wanderer entgegen. Auch das gab mir die Gewissheit, dass der Weg fahrbar war. So war es denn auch. Bis auf ein paar Meter war alles problemlos fahrbar und auch nirgends so ausgesetzt wie befürchtet. So erreichte ich schnell den Col du Gondran und schließlich auch den Schlussanstieg zur Festungsanlage Le Janus. Hier war zum ersten Mal am heutigen Tag auch etwas los. Wahrscheinlich lag es daran, dass der Sessellift von Richtung Montegenevre zum Sommet des Agnes in Betrieb war. Die Auffahrt stellte dann erneut kein Problem dar und wieder genoss ich das tolle Panorama, auch wenn es natürlich fast deckungsgleich zum Fort de Infernet war. Ich schaute mir das ein oder andere Gebäude der recht großen Anlage an und aß etwas. Dann setzte ich meine Fahrt fort. Es war jetzt etwa 12:30 Uhr und meine Wasserreserven gingen dem Ende entgegen. Ich hatte aber Glück. Als ich mich auf die Abfahrt machte, sah ich in der ersten Serpentine eine Gruppe Touristen die wohl auf eine Führung warteten. Die Elektrizitätsanlage der Festung kann wohl heute noch besichtigt werden. Ich fragte, ob ich evtl. ein Wasser kaufen konnte und nach ein wenig hin und her, bekam ich gegen kleines Geld zwei 0,5 PET Flaschen. Das sollte mich erstmal weiterbringen. Die Weiterfahrt zum Col du Gondran Est ging dann zunächst leicht bergauf. Beim Blick zurück konnte ich noch einmal die imposante Festungsanlage besichtigen.
Von nun an gab es ein leichtes auf und ab. An zwei Stellen musste man aufgrund der Steilheit für einige Meter schieben, ansonsten war dies ein wunderschöner S0 Trail mit tollen Aussichten. So richtig alleine ist man hier allerdings nicht. Einige Wanderer und auch die unvermeidlichen E-Biker entdecken langsam aber sicher die Gegend. Schließlich erreichte ich den Lag Gignoux. Auch hier war natürlich ne Menge los. Ich machte nicht so lange Pause, weil es sehr heiß war und man hier vergebens Schatten suchte. Das letzte Stück zum Col de Gimont oder wie immer der kleine Passübergang auch heißen mag, musste dann noch mal teilweise geschoben werden.
Ich hielt mich dort nicht lange auf und wählte die Abfahrt Richtung Capanna Mautino. Diese machte durchaus Spaß und war problemlos zu fahren. An der Gaststätte Capanna Mautino machte ich dann noch einmal eine längere Pause. Es folgte die Abfahrt nach Bousson und diese trübte leider den Eindruck des heutigen Tages ein wenig. Gefühlt ewig fuhr ich auf einer breiten und eigentlich gut zu fahrenden Schotterstraße bergab. Aber auf Schotter bergab fahren macht einfach keinen Spaß. Ich bin sicher auch niemand der 1.500 Tiefenmeter auf Singletrails problemlos durchsteht, aber bevor ich auf Schotter bergab fahre, nehme ich lieber die Straße. Falls ich nochmal in die Gegend kommen sollte, brauche ich hier ne Alternative. Eventuell kann man vom Capanna zum Colle Bercia kreuzen. Oder man fährt gleich vom Col Gimont in diese Richtung oder irgendwie über den Colletto Verde. Ich jedenfalls musste auf meiner Schotterstrecke 2-3 mal Pause machen, weil mir vom vielen Bremsen die Hände wehtaten.
Die folgende Abfahrt nach Cesana auf Asphalt war dann eine willkommene Abwechslung. Weiter ging es ebenfalls auf der Straße nach Oulx. Hier musste ich am Ende bei nachlassendem Gefälle und teilweise eben auch Gegenwind etwas mittreten. Aber es war wirklich überschaubar. Um 15:40 Uhr erreichte ich nach 54 km und 1.660 hm glücklich und zufrieden mein Ziel. Ich hatte im Vorfeld lange gebraucht um dort eine Unterkunft zu finden. Unter anderem scheiterte ich am Buchungssystem von airbnb bzw. hatte irgendwann die Schnauze voll, weil dort eine Ausweiskopie von Nöten war. Das dämliche daran war, dass ich in meiner Unterkunft im Room4You erstmal ne Weile auf die Gastgeberin warten musste und diese am Ende auch eine Kopie haben wollte. Ansonsten war das Zimmer aber in Ordnung.
Wie so oft hatte ich nicht gut geschlafen. Es war wieder so warm und ich hatte ein Doppelbett mit großen Decken und konnte so meine Füße nicht rausstrecken. Was das Schlafen betrifft bin ich eben eine Prinzessin auf der Erbse. Ich zog ausnahmsweise schon vor dem Frühstück meine Radklamotten an. Ich hatte heute um 7:47 Uhr meinen Zug nach Bardonecchia zu erwischen und musste schon ein wenig verhandeln, dass ich schon um 7 Uhr frühstücken konnte. Das Frühstück war soweit in Ordnung und ich futterte einiges. Bei strahlendem Sonnenschein erreichte ich pünktlich um 7:47 meinen Zug nach Bardonecchia. Obwohl ich nur 15 Minuten Fahrtzeit hatte und das Susatal nicht verlassen hatte, traute ich beim Aussteigen meinen Augen nicht. Es war total zugezogen und nieselte schon leicht. "Super" dachte ich mir, "genau heute kann ich das gar nicht gebrauchen!". Es sollte über den Colle della Rho gehen, eine Strecke die ich nicht kannte und die auf der Karte zum einen hochalpin und zum anderen verdammt einsam aussah. Ich ging erst mal noch einkaufen und fuhr dann um kurz nach 8 Uhr los. Ich hatte ja erstmal keine andere Wahl. Irgendwie musste ich heute noch zum Auto zurück nach Bramans kommen. Schon nach ein paar Metern zog ich meine Regenjacke an, weil der Regen eher stärker als schwächer wurde. Schon innerhalb von Bardonecchia verfuhr ich mich dann auch noch. Ich war ja nun schon öfters hier, aber irgendwie finde ich mich immer noch nicht zurecht. Ein kurzer Blick auf die Karte verriet mir aber, dass der Weg den ich gefahren war ohnehin der bessere war, weil ich länger auf Asphalt fahren konnte. Ich folgte also der Straße in Richtung eines Parkplatzes. Da fast zeitgleich auch der Regen aufhörte und gefühlt innerhalb von wenigen Sekunden fast der komplette Himmel wolkenfrei war, verbesserte sich meine Laune schlagartig. "So hat ein letzter Tourentag zu beginnen!", dachte ich mir. Am Parkplatz angekommen folgte ich nicht weiter der Straße am Rio Merdovine, sondern bog dort links in eine Schotterstraße in Richtung Grange della Rho ab.
Die Schotterstraße war zunächst gut zu fahren. In der Mitte zwar mit vielen großen Steinen, aber rechts und links davon war alles in Ordnung. Auch die Steigung war durchaus human, auch wenn in Spitzen auch mal 16% zu bewältigen waren. Da die Straße im Wald verlief, fuhr ich auch fast ausnahmslos im Schatten, was meiner Leistung ja immer gut tut. Ich erreichte bald schon den Abzweig zu Grange de la Rho und musste kurz danach das erste Mal für 50 Meter schieben, weil es doch zu steil wurde. Es war jetzt 9 Uhr und der Weg wurde sogar wieder besser. Alles war schön festgefahren so dass man auch ab und zu den Blick schweifen lassen konnte. Auch wenn der Wald nur selten den Blick auf die umliegenden Berge freimachte.
Um etwa 9:30 Uhr erreichte ich die Stelle, an der sich das Tal öffnet und der weitere Verlauf bis zum Piano dei Morti zumindest zu erahnen war. Auch der zweite am Ende wesentlich steilere Weg, welcher ebenfalls von Grange della Rho hinaufführt war zu erkennen. Ich machte mal wieder einen kurzen Fotostopp und wollte mein Handy aus der Lenkertasche ziehen. Aber es war nicht da. "Verfluchte Kacke, was ist das jetzt!" Verzweifelt suchte ich meine Trikottaschen und den Rucksack ab, wohl wissend dass es da eigentlich nicht sein konnte. Ich hatte es immer vor mir in der Lenkertasche liegen, den Reißverschluss meist offen. Hätte mir da aber jemand gesagt, das ist gefährlich hätte ich ihn gnadenlos ausgelacht. Erstens konnte das Teil da eigentlich nicht rausfliegen und selbst wenn, müsste ich es ja merken, schließlich starrte ich ja ständig auf meinen Vorderreifen und somit auch auf die Tasche. Ganz davon abgesehen, dass man das ja auch hören musste. Irgendwann musste ich den Tatsachen aber ins Auge blicken. Gut nur, dass ich ständig fotografiere und ich somit wusste, dass ich es erst vor kurzem verloren haben konnte. Da ich unterwegs bislang auch niemanden getroffen hatte, waren meine Chancen es wiederzufinden zumindest intakt. Ich ließ mein Rad und Rucksack also liegen und rannte bergab zurück. Nach etwa 300 Meter sah ich schließlich etwas Schwarzes auf dem Boden liegen und je näher ich kam, desto gewisser wurde es, dass es mein Handy war. Mir fielen gleich etliche Steine vom Herzen. Klar kommt man auch mal ohne Handy aus. Aber keine Bilder mehr machen zu können, auf der Rückfahrt kein Navi zu haben und vor allem meiner Frau nicht regelmäßig per WhatsApp die Gewissheit zu geben, dass alles in Ordnung war und wo ich gerade war, wäre dann doch ziemlich scheiße gewesen. Als ich wieder zurück bei meinem Rad war, setzte ich die Fahrt fort. Es wurde nun wieder deutlich steiler, ehe es leicht abflachte. Der Weg wurde nun auch wieder grobschottrig, war aber bis auf eine kurze Stelle immer noch gut zu fahren. Trotzdem wurde es so langsam anstrengender. Nach einer Weile sah ich eine große Schafherde samt Herdenhund. Kurz danach kam mir ein Jeep entgegen und ich dachte schon das wäre der Schäfer und ich müsste mich nun alleine mit dem Hund rumschlagen. Dem war aber nicht so.
Ich erreichte die Herde und wartete erstmal 15 Minuten bis sie alle meinen Weg gequert hatten. Da es auf der anderen Seite steil die Böschung hinaufging und ich mich ohnehin schon wunderte, dass die da nicht reihenweise runterknallten, wollte ich nicht noch zusätzlich Hektik verbreiten, in dem ich mittendurchfuhr. Der Weg zog sich nun immer am Hang entlang und ich konnte den weiteren Verlauf gut einsehen. Auch die Alternativstrecke links von mir war gut zu erkennen. Um 10:15 Uhr erreichte ich schließlich den kleinen Tunnel und die folgende Brücke.
Kurz danach erreichte ich den Tunnel, der inzwischen wieder repariert wurde. Er ist zwar unbeleuchtet aber so kurz, dass keine Lampe nötig ist. Auch die Brücke danach ist zwar sicher schon sehr alt aber scheinbar trotzdem noch stabil genug. Ich machte kurz danach noch ein paar Selfies und erreichte um 10:35 den Piano dei Morti. Bis hierher war ich sehr zufrieden. Ich musste nur an zwei Stellen kurz vom Rad und konnte den Rest problemlos fahren. Jetzt war ich gespannt, wie es weitergehen würde. Es hatte zwischendrin tatsächlich noch mal kurz genieselt. Aber so schnell die Wolken kamen, so schnell waren sie auch wieder verschwunden. Die Aussicht ins Tal wusste durchaus zu gefallen und ich machte eine kurze Pause. Der folgende Weg danach war dann oft nicht fahrbar. Es war entweder zu steil oder zu viel grober Schotter oder eben beides. So musste ich immer wieder vom Rad und schieben. Es war von hier an eben kein breiter Weg mehr sondern eher ein Wandertrail. Nach 20 Minuten kam dann die Passhöhe in Sicht. Dies motivierte dann nochmal.
Je höher ich kam, desto weniger war an Fahren zu denken. Nach noch einmal 20 Minuten harter Arbeit hatte ich dann aber den letzten Pass meines Urlaubes erreicht. Wobei das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht sicher war. Viele nehmen von hier noch die Schleife zum Col de la Replanette mit. Oder wer noch mehr Zeit hat fährt noch bis zum Refuge du Mont Thabor. Meine Zeit war aber begrenzt. Schließlich wollte ich heute Abend mit dem Auto schon wieder zurückfahren. Außerdem wusste ich nicht so recht, was mich dort noch erwarten würde. Ich beschloss daher, einfach mal bis zum Abzweig zu fahren und dann spontan zu entscheiden. Jetzt machte ich erstmal Pause. Es war einfach traumhaft hier oben. Ich war völlig alleine und genoss diese absolute Stille. Ich hätte hier sicher noch ewig liegen bleiben können. Aber nach 20 Minuten beschloss ich dann doch, meine Fahrt fortzusetzen.
Der Weg von oben sah zunächst einmal einigermaßen fahrbar aus. Und das war er dann auch zum Großteil. Beim Abzweig zum Replanette hielt ich kurz an. Da ich aber den weiteren Wegverlauf nicht einsehen und somit nicht abschätzen konnte was mich dort erwartete, verzichtete ich auf das Experiment. Je weiter ich nach unten kam, desto länger waren nun auch die fahrbaren Stücke. Ich ging hier aber am Ende des Urlaubes keinerlei Risiko mehr ein und stieg daher auch jetzt noch immer mal wieder ab. Nach einer Flussbettquerung bei der ich mir zwischen riesigen Steinen erstmal den Weg suchen musste war es mit Wandern dann endgültig vorbei. Ich erreichte einen breiten Weg und konnte es bei geringem Gefälle locker rollen lassen. Um 12:25 Uhr erreichet ich schließlich Lavoir und damit wieder die Zivilisation und auch Asphalt.
Ab hier ging es zunächst auf Asphalt und zwischenzeitlich nochmal kurz auf einer festen Schotterstrasse ins Tal. Es folgte eine kurze Serpentinengruppe, ehe ich entlang eines kleinen Flusses Valefrejus erreichte. Ich erreichte eine größere Straße und durfte es auf vielen Serpentinen locker nach Modane ausrollen lassen. Es war inzwischen 12:45 Uhr und hier unten im Tal ordentlich heiß. Von Ausrollen konnte wenn man es genau nimmt eigentlich auch nicht die Rede sein. Denn von hier an hatte ich bis Bramans dann ja noch einige Höhenmeter zurückzulegen. Ich freute mich aber fast darauf. Ich war die Strecke nachmittags schon dreimnal vom Iseran kommend in die andere Richtung befahren und das reichte aus, um sie zu meiner absoluten Hass-Strecke in den Alpen zu erkoren. Leichtes Gefälle und jedes Mal heftiger Gegenwind ließen mich vermuten, dass die mir entgegenkommenden Radler bergauf schneller waren, als ich bergab. Dieses Mal, sollte ich also der Bergradler sein. Ich hatte tatsächlich Rückenwind. Trotzdem flog ich nicht gerade den Berg hoch. Um 13:15 Uhr erreichte ich schließlich das Fort Victor Emmanuel und wusste, dass die Quälerei damit vorbei war.
Von hier folgte eine kurze Abfahrt und noch ein paar letzte Meter leicht bergauf, ehe ich um 13:25 Uhr müde aber überglücklich mein Auto wieder erreichte. Ich fragte am nahgelegenen Campingplatz ob ich gegen Entgelt die Duschen benutzen konnte. Das wurde leider verneint. So stieg ich erstmal mit meinen verschwitzen Klamotten ins Auto. Es vergingen keine 10 Minuten und ich wurde so müde, dass ich beschloss, erstmal ein Nickerchen zu machen. Auf dem nächsten Rastplatz war dann aber ein größeres Waschbecken und ich konnte zumindest meinen Oberkörper komplett waschen und mir frische Klamotten anziehen. Das machte mich dann tatsächlich so wach, dass ich weiterfuhr und bis nach Hause nur eine weitere kurze Pause benötigte. Um 20:45 Uhr war mein 16. Alpenurlaub schließlich endgültig zu Ende.
Und wieder mal war es ein toller Urlaub und wieder mal war er viel zu kurz. Der erste Tag mal wieder viel zu optimistisch. Vielleicht lerne ich es irgendwann noch. Wobei da dann schon einiges zusammen kam. Und auch der zweite Tag war ziemlich hart. Wobei das fast ausschließlich dem defektbedingten späten Start zu verdanken war. Ansonsten waren meine Touren gut geplant. Ein Großteil davon kannte ich ja auch schon, so dass böse Überraschungen ohnehin nicht zu erwarten waren. Landschaftlich war der Blick vom Fort Turra auf den Lac de Mont Cenis und die Fahrt zum Fort Infernet sicherlich die Highlights. Trailmäßig die Abfahrt vom Monte Jafferau und der schon bekannte Trail zum Col Gimont. Aber auch der letzte Tag hinauf zum Colle della Rho war vor allem aufgrund der absoluten Einsamkeit ein Highlight. Und wie immer wenn ich den Bericht schreibe und auf den Karten noch mal die Wege checke, bin ich insgeheim schon wieder dabei den nächsten Urlaub zu planen. Auf der einen Seite würde ich mit dem Mountainbike auch mal gerne andere Gegenden kennenlernen. Anderseits finde ich es rund um Bardonecchia und Briancon einfach so genial, dass mich bislang alle meine vier Offroad-Touren hierher geführt haben. Es bleibt also spannend, wo und auf welchem Rad ich im nächsten Urlaub lande.